Mittwoch, 27. Januar 2010

Adenauer, Merkel, Marx und die C-Frage


Der erste deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer war bekanntlich ein bekennender und frommer Katholik, der es sich zum Beispiel nicht nehmen ließ, an Weihnachten persönlich verfaßte Ansprachen über den Rundfunk zu halten. 1957 sagte er: "Ich glaube, wir alle denken zu wenig daran, daß zuerst Gott die Ehre gebührt. Wir alle, gleich wo wir stehen, gleich was wir tun, müssen ihm zuerst die Ehre geben, damit uns allen Friede werde." Mit Adenauer hatte das Christliche in der Union seinen unbestrittenen Platz. Das hat sich geändert.

Der Erzbischof von München und Freising, Reinhard Marx, fühlte sich kürzlich veranlaßt, angesichts des mehr und mehr verblassenden C der Unionsparteien "ein dezidiertes Bekenntnis zum christlichen Glauben und zur Kirche" anzumahnen. Anlaß dieser achtbaren Intervention des Münchner Erzbischofs war nicht allein die problematische Kritik der Bundeskanzlerin am Papst, sondern vor allem die allzu wolkige Rede von den "christlichen Werten". Die Relativierung der Ehe gegenüber anderen Lebensformen, die Forschung mit befruchteten Eizellen, die Forschungsministerin Schavan noch vorantreibt, sind für Marx kein Ausweis eines wahren Bekenntnisses zu "christlichen Werten".

Für den praktizierenden Katholiken Adenauer waren diese leitend, wenn er sich auch als Politiker bemühte, die Union zu einer überkonfessionellen Partei zu machen, deren christliches Fundament aber nie in Frage stand. Das scheint sich geändert zu haben. Auf Marx' Einwand, Christus müsse im CDU-Grundsatzprogramm zumindest Erwähnung finden, meinte Frau Schavan, daß das eine unzulässige Vereinnahmung wäre. Adenauer hat auch als Bundeskanzler Christus "vereinnahmt", wenn er 1957 sagte: "Denken wir an das Kind im Stalle, das den Menschen das Heil brachte." Aber selbst die "christlichen Werte" scheinen für Frau Schavan zur Disposition zu stehen: "Wer sich selbst treu bleiben will, muß sich verändern. Das gilt im übrigen in gleicher Weise für die Kirche." Daß sich die Kirche treu bleiben würde, wenn sie Grundprinzipien wie das Lebensrecht zur Disposition stellt, das kann Frau Schavan nicht ernstlich unterstellen.

Auch jene Allerweltsthese, die Union könne die Lehre der katholischen Kirche nicht "politisch eins zu eins umsetzen" darf als intellektuell allzu leichtgewichtig gelten. Es geht Marx wie Mixa und anderen kirchlichen Mahnern in der C-Frage mittlerweile um das "Eingemachte", um den Kernbestand des Christlichen und welchen Stellenwert er noch in der Union hat. Im Falle der Stammzelldiskussion oder der eindeutigen Entscheidung des Papstes, daß Katholiken an "Donum Vitae" nicht mitwirken dürfen, mißt der Münchner Erzbischof keinen Unions-Politiker daran, ob er jeden Buchstaben des Katechismus in seiner Politik beherzigt. Er mißt ihn daran, ob er das große Ganze noch beherzigt.

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