Freitag, 15. Januar 2010

Freising 1803 und der (Un)Geist der Ökonomie


1803, das Jahr der Säkularisation, war für die fürstbischöfliche Residenzstadt ein Umbruchsjahr, für die Herrschaft der Fürstbischöfe das Ende. Joseph Konrad von Schroffenberg mußte als letzter Fürstbischof die Tür hinter einer glanzvollen Geschichte schließen und den Verwaltern der Aufklärung und Mediatisierung aus München Platz machen. In diesem Zusammenhang ist dann oft die Rede davon, die geistlichen Staaten des Heiligen Römischen Reiches wären nicht mehr zu retten gewesen, die Zeit wäre für sie abgelaufen gewesen.

Das war sie aber nur, weil 1789 die Zeit der Nationalstaaten einläutete, die Zeit der Zentralisierung und nicht zuletzt der Ökonomisierung. Freising als rein geistliche Stadt, von der die Bürger nicht schlecht lebten, hatte in dieser neuen, effizienteren Welt keinen Platz mehr. In der Geisteswelt eines Staatskanzlers Montgelas, der "unproduktive", weil rein kontemplative Klöster schließen ließ, war eine geistliche Stadt ein leerer Posten ohne Gegenwert.

Auch die Kirche würde heute die Säkularisation nicht mehr nur von ihrer kulturzerstörerischen Seite sehen, sondern auch als ein Ereignis, "das Ballastabwurf und Neubesinnung auf die ureigenen geistlichen Aufgaben ermöglichte", heißt es. Als die Benediktinerabtei Weihenstephan noch keine Land- und Fortwirtschaftsschule war, die sie 1803 wurde, war sie zwar im modernen Sinne ökonomisch nicht erfolgreich, aber geistlich ganz gewiß. Die bis 1803 bischöfliche Hochschule im Asamgebäude ist heute kultureller Mittelpunkt Freisings, vorher war das Gebäude der Mittelpunkt geistlicher Gelehrsamkeit, die weit über die Grenzen Freisings hinaus gerühmt wurde. In die Prämonstratenserabtei Neustift, eine nach Montgelas' Kriterien ebenfalls ökonomisch wertlose Einrichtung, quartierte man 1803 ein bayerisches Regiment ein. Daß Freising seine Bedeutung als geistliches Zentrum verlor, zeigte sich nicht zuletzt an der Shilouette der Stadt, die etliche Türme verlor, unter anderen den der Peterskapelle auf dem Domberg, die wie viele andere kirchliche Gebäude 1803 abgebrochen wurde.

Freising war kein Berg Athos. Aber es war eine geistliche Stadt mit einer überreichen geistlichen Geschichte, die nicht mehr in die neue, modernere, effizientere Zeit passte. Das ist der eigentliche Grund, warum sie verschwinden mußte.

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