Donnerstag, 25. März 2010

Medienschelte


Die Medien haben in unserer Gesellschaft den wichtigen Auftrag, der zugleich eine ungeheuere Verantwortung bedeutet, politische, wirtschaftliche und andere Vorgänge von Belang kritisch zu beobachten und wenn nötig Protest einzulegen, wo Mißbrauch oder Schlimmeres vermutet wird.

Hier haben wir schon das Stichwort. Mißbrauch sollte man als Journalist nicht nur grundsätzlich beim anderen unterstellen, sondern ihn auch in den eigenen Reihen erkennen können. Andernfalls liegt die Selbstgerechtigkeit, die Versuchung nahe, sich als höheres Gewissen zu gebärden, obwohl man selbiges schon längst an andere Interessen abgegeben hat - an die Auflagenhöhe oder die Sensationslust der Massen.

Nichts anderes hat dieser Tage der Regensburger Bischof kritisiert, und das vollkommen zu recht. Wenn Chorknaben der Domspatzen nicht mehr suggestiv, sondern brutal und direkt von sogenannten Journalisten gefragt werden, wie sie es denn in diesem "Sündenpfuhl" aushalten könnten, erübrigt sich jede Diskussion über Moral und Anstand der schreibenden Klasse.

Aber wie reagiert die? Niemand, dem die Mißbrauchsopfer am Herzen liegen, kann sich gegen Aufklärung wehren. Der Papst hat selbst in seinem Brief an die irischen Bischöfe die Schuld bekannt, die Täter an ihre schwere Schuld vor Gott und den Menschen erinnert, und sich zu jeder Form der Zusammenarbeit mit den staatlichen Stellen bereit erklärt. Jeder Mensch guten Willens muß, wenn er den Brief liest, erkennen, daß der Papst gar nicht anders kann als den Mißbrauch als Verbrechen gegen alles was der Kirche heilig ist zu verurteilen. Der Papst erkennt aber auch die wahre Tragweite des Problems. Wir müssen alle in uns gehen, um dem Mißbrauch in der Kirche und der Gesellschaft zu begegnen.

Aber genau das scheint die Herren von der Presse zu stören. Alles wird mit unerträglicher Impertinenz auf die Kirche allein, einzig und ausschließlich zugespitzt. Selbst Alice Schwarzer ermahnte die deutsche Justizministerin, sich nicht auf die Kirche zu kaprizieren, sondern das Thema Mißbrauch als globales gesellschaftliches Problem anzugehen. Denn mit der pauschalen Kirchenschelte ist keinem der Opfer gedient, nur denen, die sich schon immer ihr Mütchen an der ach so verknöcherten, rückständigen Kirche kühlen wollen.

Und das darf man denen, die Priester unter Generalverdacht stellen, die jeder Klosterschwester üble Motive unterstellen, die sich nicht scheuen, die Kirche als "kriminelle Organisation" darzustellen, nicht vorhalten? Man darf sie nicht an ihre Pflicht zur sachlichen Aufklärung erinnern? Wenn man das tut, betreibe man eine "unterträgliche Medienschelte"! Wohin sind wir gekommen, daß sich die Medien für unfehlbar erklären?

Die Folgen des faktenresistenten, emotions- und ressentimentgesteuerten Journalismus machen sich bereits bemerkbar. In Dinkelsbühl wurde ein Reliquienschrein zerstört und das Sekelett des Märtyrers Aurelius geschändet.

Bild: Abendzeitung

Dienstag, 23. März 2010

Furor teutonicus II


Die Sprache ist ja absolut entlarvend. Wer mit ihr Schluder treibt, dessen Gedankengänge sind meist auch nicht klar. Er macht sich nicht bewußt, daß jedes Wort, das er benutzt und wie er es benutzt, einen Einblick in sein Innenleben zuläßt. Dabei wollen wir uns gar nicht bei den alltäglichen Sprachverhunzereien aufhalten à la "das macht Sinn" und den unseligen Anglizismen. Hier soll es uns konkret darum gehen, daß vielen Katholiken offenbar das Verständnis für die Kirche völlig abhanden gekommen zu sein scheint.

Wer heute den Aufgeregten über die Mißbrauchsfälle zuhört, die nun angeblich in Massen aus der Kirche austreten, der kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß sie nicht aus der Kirche Jesu Christi, sondern aus einem Hasenzüchterverein austreten. Über den Papst wird geschimpft als ob es zwischen ihm und dem Vorstandvorsitzenden eines Dax-Unternehmens keinen Unterschied gäbe. Die Verfehlungen und Verbrechen des "Personals" der Kirche werden abgehandelt wie auf der Jahressitzung des Kleingärtnervereins.

Das Bewußtsein, daß die Kirche an sich in eine höhere Ordnung gehört, scheint verschwunden. Jeder Papst, jeder Priester wie auch jeder Gläubige kann fehlen, kann sich versündigen, kann ein Verbrechen begehen, für das sich jeder einzelne zu verantworten hat. Aber in letzter Instanz eben nicht vor einem irdischen Gericht, das genauso fehlbar ist und keine absolute Gerechtigkeit kennen kann, sondern vor dem ewigen Richter.

Hier liegt die Kurzsichtigkeit und der alte, anscheinend nicht zu beseitigende Irrglaube gerade der Deutschen, auch der deutschen Katholiken, an weltliche Institutionen. Daß die Versuchung zum Menschen gehört, daß uns der Herr davor bewahren möge, wie man als Christ jedesmal im Vaterunser betet, das wird vollkommen vergessen. Nun seien die Therapeuten gefragt, die Kontrolleure, die Staatsanwälte, der große Bruder - die ewige autoritäre Versuchung der Deutschen.

Stattdessen wäre es an der Zeit, endlich aus den grauenhaften Mißbrauchsfällen zu lernen - daß keine noch so gute Kontrolle uns vor uns selbst schützen kann, es sei denn die Einsicht in unsere Versuchungen, unsere Fehlbarkeit, unsere Neigung zum Schlechten. Das hat uns Christus gesagt, als er die Ehebrecherin in Schutz nahm: Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein. Aber gerade "zeitgemäße" Schriftausleger haben uns immer wieder zu verstehen gegeben, daß die Ehebrecherin keine Lehren zu ziehen hätte, daß uns Gott "so annehmen würde wie wir sind".

Das Böse ist für sie keine Kategorie mehr, genausowenig wie das Heilige, und deshalb verstehen sie auch die Kirche nicht mehr. Sie sagen ihr Ade wie ihrem Sportverein. Daß sie den brauchen, um Fußball spielen zu können, ist ihnen sofort klar. Daß man glauben und ein besserer Mensch werden könne ohne die Kirche, da nicken die meisten.

Dienstag, 16. März 2010

Die Zeichen an der Wand


Man muß nicht bei jeder Gelegenheit den Untergang des Abendlandes beschwören. Es gibt Betroffenheits-Rhetoriker, die das ständig tun und uns dadurch nur noch auf die Nerven gehen. Man sollte aber auch nicht in das andere Extrem verfallen, wie kürzlich ein FAZ-Redakteur, der den Papst als "grottenschlechten Geschichtsphilosophen" verunglimpfte, nur weil ihm dessen Verfallsgeschichte der Moderne nicht passte.

Doch die Zeichen mehren sich täglich, die nicht unbedingt auf eine Besserung der Dinge hinweisen. Das Thema Kindesmißbrauch und katholische Kirche wird von den Medien, mit wenigen rühmlichen Ausnahmen, auf einen Siedepunkt getrieben, der mit seriösem Journalismus wenig, aber sehr viel mit Kampagne und Polemik zu tun hat. Wer vor kurzem auf einem Nachrichtensender die "Diskussion" mit dem katholischen Journalisten Martin Lohmann, einem Stern-Redakteur und einem hinlänglich bekannten Moderator verfolgte, konnte es mit der Angst zu tun bekommen. Was dort geboten wurde, war keine Diskussion, das war ein reines Kesseltreiben - dem jedoch Lohmann couragiert widerstand. Suggestivfragen schraubten die Polemik und die kalte Aggression in eine unerträgliche Höhe, die nur noch ein Ziel vor den verblendeten Augen hatte: nicht die mißhandelten Kinder, sondern das Haßobjekt Kirche.

Und damit nicht genug: die nächste Sendung, die angekündigt wurde, sollte sich dem Thema "Arm und Reich" widmen. Suggestive Bilder von sektschlürfenden Nichtsnutzen wurden mit schwer arbeitenden Krankenschwestern kontrastiert, untermalt von düster-drohender Musik. Im Geschichstunterricht ist uns beigebracht worden, daß die Weimarer Republik nicht an ihren Institutionen oder ihrer Verfassung zugrundegangen wäre, sondern daran, daß ihr die Republikaner ausgingen.

Die Demokratie lebt nur dann, wenn Probleme offen und sachlich diskutiert werden, wenn nicht das Schwarz-Weiß überwiegt - hier die Guten, die Schuldigen, dort die Bösen. Momentan nimmt jedoch eine öffentliche, will heißen mediale Diskussions-Unkultur überhand, die genau so arbeitet. Man muß Westerwelle nicht mögen. Aber die Art, wie seit Tagen ein Kesseltreiben veranstalt wird, nur weil er ein echtes Problem ungeschickt angesprochen hat, ist schlicht unerträglich. Die schlimme Botschaft wird nicht besser, wenn man den Überbringer öffentlich hinrichten läßt!

Ein bedenkliches Zeichen ist es auch, wenn eine Gesellschaft, die vor dem Problem des Kindesmißbrauchs bis gestern noch die Augen verschloß und tausend Ausflüchte und Entschuldigungen fand bis hin zur Forderung nach Abschaffung von Straftatbeständen bei sexuellen Kontakten zu Minderjährigen, wenn dieselbe Gesellschaft heute auf ein Häuschen zeigt und lauthals Feuer schreit, während die eigene Burg lichterloh in Flammen steht.

Die Kirche hat bisher noch die schlimmsten Zeiten überstanden. Demokratische Gesellschaften sind dagegen zerbrochen, weil ihre Prinzipien zu leeren Hülsen verkamen.

Donnerstag, 11. März 2010

Ecrasez l'infame!


Es sollte hinlänglich bekannt sein, die Geschichte zeigt es, dennoch wird es ebenso gern unterschlagen: der Staat, der im 19. und 20. Jahrhundert sich eine Allmacht zuschrieb, die vorher unbekannt war, kann weltanschauliche Konkurrenz nicht ertragen. Die "Lufthoheit über den Kinderbetten", von denen vor nicht eben langer Zeit die Rede war, ist ein Beispiel dafür, genauso wie das Betreuungsgeld, das nur Familien erhalten, die ihre Kinder nicht selbst erziehen. Der Staat maßt sich einen Allvertretungsanspruch an, der durch die Realität nicht gedeckt ist.

Ideologisch wird das seit jeher durch Kampagnen gegen den großen Gegner der "Aufklärung", der Emanzipation von geistiger Enge, untermauert, gegen jenen Gegner, gegen den sich die versammelte Meute der Journalisten und Bessermeinenden dieser Tage versammelt hat - gegen die katholische Kirche.

Seit Tagen und Wochen werden die Schlagzeilen schreiender, ja im Grunde unverschämter. Es herrscht eine Stimmung, die jedem, der ein gutes Wort der Verteidigung für die Kirche findet, sofort Komplizenschaft unterstellt. Als gestern bei "Maischberger" der Salzburger Bischof Laun darauf hinwies, daß es in der Schwesterkirche durchaus mehr Mißbrauchsfälle gäbe, wurde er niedergeschrien. Daß eine Gesellschaft, die sich all das zugute hält, wogegen sich die Kirche angeblich wehrt, ein Vielfaches an Opfern häuslicher und anderweitiger Gewalt aufweist, fällt stillschweigend unter den Tisch. Apropos Schweigen, das ja gerade der Kirche vorgeworfen wird - ein katholischer Bischof meinte sehr treffend: "Das Verschweigen findet seit Jahrhunderten statt, nicht nur in der Kirche. Es findet statt in den Familien, in den Gemeinden, in den Gesellschaften. Warum pickt man sich nur die Kirche heraus?"

Denn eines dürfte jedem mittlerweile klar werden: es geht der aufgehetzten, selbstgerechten Öffentlichkeit nicht um die Opfer des Mißbrauchs. Sie sind nur billige Staffage einer Empörung, der die Kirche an sich ein Dorn im Auge ist. Wer studieren will, wie sich eine feindselige Stimmung aufbaut, in der Argumente und sachliche, ausgleichende Worte ins Leere laufen, in der der Generalverdacht herrscht, ohne Ansehung der Person und der Umstände, der hat dieser Tage alle Gelegenheit dazu. Denk ich an Deutschland in der Nacht...

Mittwoch, 10. März 2010

Ein Brunnen für Bodenmais


Sie lassen es sich nicht nehmen, uns, die einfachen Bürger aufzurütteln, zu verstören und unsere Sehgewohnheiten in Frage zu stellen. So oder ähnlich lautet das was jedesmal aus Künstlermund über den Äther tönt oder aus den Spalten des Kunstfeuilletons zu uns dringt, wenn ein neues Kunstwerk den öffentlichen Raum bereichern darf. Wohlwollend-herablassend wird dann auch jedesmal von den Unverständigen und Unaufgeschlossenen berichtet, die gegen dieses oder jenes moderne Kunstwerk protestieren. Das hat einen zweifachen Nutzen: Die Protestanten dienen als Projektionsfläche, um sich der eigenen "Modernität" zu versichern - seht her, da krakelen die, die daheim den röhrenden Hirsch über dem Esstisch haben - und der Künstler darf sich in der beliebten und geschäftsfördernden Gloriole sonnen, "umstritten" zu sein.

Kunst hätte ja schon immer verstört, Sehgewohnheiten in Frage...wissen wir schon, mag schon sein, aber mit einem wesentlichen Unterschied: die heutige Kunst tut nichts anderes. Michelangelo hat mit seinem David den Menschen seiner Zeit ganz sicher ein anderes, neues Bild vom Menschen gegeben; wie auch die Gemälde eines Tischbein, Ingres oder Franz von Lenbach eine neue Vorstellung vermittelten. Aber es ging ihnen vor allem darum, ihre Kunstfertigkeit, ihren Genius am Objekt zu zeigen und ganz sicher auch darum, die Welt schöner zu machen.

Davon kann im Falle des neuen Brunnens in Bodenmais keine Rede sein. Da war niemand am Werk, der das Material, mit dem er arbeitet, liebt, der sich Gedanken darüber gemacht hat, ob sein Werk in die gewachsene Umgebung passt. Für die Moderne ist ohnehin typisch, daß sie auf Harmonie keinerlei Rücksicht nimmt. Angefangen von Architekten, die nichts dabei finden, ihre kahlen, ausdruckslosen Fassaden zwischen schöne, alte Gebäude zu kleistern, bis zu Künstlern, die von Regeln und Tabus nichts mehr wissen wollen, reicht die Liste der modernen Bilderstürmer.

Als in der Münchner Theatinerkirche ein weiterer moderner Bildstürmer zwischen spätbarocken Stuck seine kahle Altarinsel setzen wollte, erhob sich der Protest des Kirchenvolkes. Der Bildsturm um des Bildersturms willen wird nicht mehr hingenommen, auch weil die spätpubertäre Attitüde der modernen Kunst schlicht langweilig geworden ist. Das Regietheater ergeht sich in den immer gleichen Nuditäts- und Wahnsinnsorgien, und Malereien, die man so oder anders schon tausendmal gesehen hat, werden stereotyp als provokativ vorgeführt.


Wer heute gegen den Brunnen in Bodenmais ist oder gegen die hundertste "provokative" Inszenierung des Hamlet, ist nicht rückständig. Er ist weiter als die Propheten des ewigen Neuen um jeden Preis, nicht zuletzt um den der Schönheit - die ja in der Kunst irgendwann irgendwo noch einmal etwas gegolten haben soll.

Montag, 1. März 2010

Der dunkle Schatten Roms


Der Kulturkolumnist der Süddeutschen Zeitung und diverser anderer renommierter Printmedien, Alexander Kissler, der sich unter anderem ausführlich mit der verblödenden Wirkung des Fernsehens beschäftigt hat, meinte vor kurzem, das ZDF sei entbehrlich, denn sein Informations- und Unterhaltungswert tendiere gegen Null. Das verwundert nicht weiter, haben sich doch die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten nicht erst gestern in den allgemeinen Nivellierungs-Wettbewerb nach unten gestürzt - siehe den Techno-Hype um das neue heute-Studio, dem kein Content-Hype gegenübersteht. Die Gebührenmillionen kommen nicht mehr dem eigentlichen Zweck zu, für den die öffentlich-rechtlichen Sender geschaffen wurden - der seriösen Information und anspruchsvollen Unterhaltung.

Auf dem "Ereignis- und Dokumentationskanal der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten" (Phoenix) lief gestern abend eine "Dokumentation" mit dem sprechenden Titel "Index - die schwarze Liste des Vatikan". Unser Fernsehonkel vom Dienst, Wolf von Lojewski, der einst das "heute journal" mit der "Sendung mit der Maus" kreuzte, stellte darin ebenso aufgekratzt-naiv dem Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf Fragen zum Index der verbotenen Bücher, die dieser mit rollenden Augen und aufgeregt-theatralischer Geste beantwortete. Von "Beantworten" kann jedoch keine Rede sein, denn die Antworten lagen schon in Lojewskis Fragen.

Der Zuschauer weiß schon vorher, daß die Kirche den Dichter Heinrich Heine nur deshalb als Finsterling verfolgen ließ, weil er für Gedankenfreiheit und Demokratie eintrat. Wenn Lojewski den Index herauszieht, in dem eigentlich der Name Marx und dessen "Kapital" verzeichnet sein sollten, ahnt man/frau schon, daß die dort nicht stehen werden, und auch der Chef der braunen Mordbanden mit seinem "literarischen Machwerk" ist dort nicht zu finden, wundert sich Lojewski und schüttelt die schütteren Locken. Warum das so ist, erschließt sich auch sofort, da die römische Kirche zwar die beiden Totalitarismen des 20. Jahrhunderts verurteilte (siehe "Mit brennender Sorge"), aber doch den einen eher gewähren ließ als den anderen - siehe den "umstrittenen" Papst Pius XII. und dessen "Schweigen", das zwar hundertfach widerlegt ist, aber sich genauso zäh hält wie die Mär von der Wissenschaftsfeindschaft der Kirche im Fall Galilei.

Informativ wäre die Sendung gewesen, wenn sie nicht Stereotypen bediente, sondern erklären würde. Zum Beispiel, daß die Kirche zuerst nach dem Gesetz des Seelenheils funktioniert. Die Kirche setzte Heine eben nicht auf den Index, weil sie dessen Glauben an die Republik nicht teilte - von der Sorte gab es genug Literaten, die nicht auf dem Index landeten -, sondern weil er vom Beichtsakrament bis zur Messe das Sanctissimum des Katholischen seinem wohlfeilen Spott preigab. Die Machwerke der Massenverführer aus Trier und Braunau sind im Index nicht zu finden, weil Rom sehr gut wußte, daß man einer totalitären Massenbewegung nicht mit Leseverboten beikommt. Aus den Dokumenten sei die Frage, warum Marx und Hitler nicht auf dem Index stünden, nicht zu beantworten, meinte Professor Wolf, denn die Dokumente zum Dritten Reich seien "noch nicht freigegeben", wobei er unterschlug, daß Rom umfangreiche Dokumentensammlungen zu den 1930er und 40er Jahren schon lange publiziert hat.

Dies und anderes interessierte nicht. Rom und sein "Geheimarchiv" und seine Glaubenskongregation erschienen von fataler Dunkelheit umhüllt, in der Geistes- und Fortschrittsfeindschaft gediehen, untermalt von unheildrohender Musik und bevölkert von Soutanenträgern mit verkniffenen Gesichtern. Hier fehlten nur noch Frau Ranke-Heinemann und der "Startheologe" aus der Schweiz, Hans Küng, der sich zum tausendsten Mal darüber beklagen durfte, daß der nach dem zweiten Vatikanum abgeschafften Indexkongregation irgendwann der Geduldsfaden gerissen war - angesichts eines Theologen, der merkte, daß er mit kirchenkritischer Theologie mehr verdient als mit kirchentreuer. Kein anderes Motiv steht hinter der raunenden Index-Schmonzette der Herren von ZDF und Phoenix, die den Zuschauer nicht klüger macht. Also, besser abschalten und Karlheinz Deschner, Hochhuth oder Dawkins lesen - die sind wenigstens unterhaltsam.

Es lebe die (Frauen)Quote!


Nun hat sie auch die CSU entdeckt, oder genauer gesagt die Justizministerin der CSU, Frau Beate Merk, die noch vor kurzem den Augsburger Bischof Mixa vor ungerechtfertigten Anwürfen zum Thema Kindesmißbrauch in Schutz genommen hat. Muß man die Tatsache, daß viele Frauen (und auch Männer) Zustimmung zur Frauenquote signalisieren, schon als Indiz deuten, daß die Sache überfällig sei, auch für die CSU, oder ist das nur die Allüre einer CSU-Frau, die gestern noch auf konservativ gemacht hat und deshalb heute dem Zeitgeist huldigen muß, gewissermaßen zur Beruhigung der Gemüter?

In Hamburg sinkt der CDU-Bürgermeister immer weiter in der Gunst seiner Klientel, und das obwohl die Kanzlerin schwarz-grün als mögliches Zukunftsmodell in Erwägung zu ziehen bereit wäre. Bei ihr erscheint ja nichts im Indikativ, bevor nicht die bundesdeutsche Meinungslage das angezeigt erscheinen läßt - nach dem Motto, wir sind so modern wie uns die veröffentlichte und statistisch erfasste Meinungsmehrheit haben will. Konservativ sei die CDU ja nicht, erklärte erst vor kurzem Volker Kauder, die rechte Hand der Kanzlerin.

So ist es nur konsequent, wenn nun auch die bayerische Schwesterpartei über ein weiteres Element aus dem Gemischtwarenladen politischer Beliebigkeit, die Frauenquote, nachdenkt. Wäre es nicht vernünftiger und einer gut konservativen, also realistischen, nicht ideologischen Wunschbildern nachhängenden Partei würdiger, Abstand zu nehmen von sozialistischer Zwangsbeglückung und Gleichheit um jeden Preis, die nur neue Ungleichheit zur Folge hat?

Der Kanzler der Einheit hatte es versäumt, beizeiten fähigen Nachwuchs nach oben kommen zu lassen. Seine von ihm erkorene Nachfolgerin, groß geworden in einem sozialistischen Gesellschaftsexperiment, verdrängte bisher auch jeden, der konzeptionell mehr zu bieten hatte, und glänzt selbst mit passiver Konzeptionslosigkeit. Es ist höchste Zeit, für die Union eine Zwangsquote einzuführen - für konservative, christlich fundierte Querdenker, natürlich ohne Rücksicht auf das Geschlecht.