Dienstag, 23. März 2010

Furor teutonicus II


Die Sprache ist ja absolut entlarvend. Wer mit ihr Schluder treibt, dessen Gedankengänge sind meist auch nicht klar. Er macht sich nicht bewußt, daß jedes Wort, das er benutzt und wie er es benutzt, einen Einblick in sein Innenleben zuläßt. Dabei wollen wir uns gar nicht bei den alltäglichen Sprachverhunzereien aufhalten à la "das macht Sinn" und den unseligen Anglizismen. Hier soll es uns konkret darum gehen, daß vielen Katholiken offenbar das Verständnis für die Kirche völlig abhanden gekommen zu sein scheint.

Wer heute den Aufgeregten über die Mißbrauchsfälle zuhört, die nun angeblich in Massen aus der Kirche austreten, der kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß sie nicht aus der Kirche Jesu Christi, sondern aus einem Hasenzüchterverein austreten. Über den Papst wird geschimpft als ob es zwischen ihm und dem Vorstandvorsitzenden eines Dax-Unternehmens keinen Unterschied gäbe. Die Verfehlungen und Verbrechen des "Personals" der Kirche werden abgehandelt wie auf der Jahressitzung des Kleingärtnervereins.

Das Bewußtsein, daß die Kirche an sich in eine höhere Ordnung gehört, scheint verschwunden. Jeder Papst, jeder Priester wie auch jeder Gläubige kann fehlen, kann sich versündigen, kann ein Verbrechen begehen, für das sich jeder einzelne zu verantworten hat. Aber in letzter Instanz eben nicht vor einem irdischen Gericht, das genauso fehlbar ist und keine absolute Gerechtigkeit kennen kann, sondern vor dem ewigen Richter.

Hier liegt die Kurzsichtigkeit und der alte, anscheinend nicht zu beseitigende Irrglaube gerade der Deutschen, auch der deutschen Katholiken, an weltliche Institutionen. Daß die Versuchung zum Menschen gehört, daß uns der Herr davor bewahren möge, wie man als Christ jedesmal im Vaterunser betet, das wird vollkommen vergessen. Nun seien die Therapeuten gefragt, die Kontrolleure, die Staatsanwälte, der große Bruder - die ewige autoritäre Versuchung der Deutschen.

Stattdessen wäre es an der Zeit, endlich aus den grauenhaften Mißbrauchsfällen zu lernen - daß keine noch so gute Kontrolle uns vor uns selbst schützen kann, es sei denn die Einsicht in unsere Versuchungen, unsere Fehlbarkeit, unsere Neigung zum Schlechten. Das hat uns Christus gesagt, als er die Ehebrecherin in Schutz nahm: Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein. Aber gerade "zeitgemäße" Schriftausleger haben uns immer wieder zu verstehen gegeben, daß die Ehebrecherin keine Lehren zu ziehen hätte, daß uns Gott "so annehmen würde wie wir sind".

Das Böse ist für sie keine Kategorie mehr, genausowenig wie das Heilige, und deshalb verstehen sie auch die Kirche nicht mehr. Sie sagen ihr Ade wie ihrem Sportverein. Daß sie den brauchen, um Fußball spielen zu können, ist ihnen sofort klar. Daß man glauben und ein besserer Mensch werden könne ohne die Kirche, da nicken die meisten.

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