Dienstag, 16. März 2010

Die Zeichen an der Wand


Man muß nicht bei jeder Gelegenheit den Untergang des Abendlandes beschwören. Es gibt Betroffenheits-Rhetoriker, die das ständig tun und uns dadurch nur noch auf die Nerven gehen. Man sollte aber auch nicht in das andere Extrem verfallen, wie kürzlich ein FAZ-Redakteur, der den Papst als "grottenschlechten Geschichtsphilosophen" verunglimpfte, nur weil ihm dessen Verfallsgeschichte der Moderne nicht passte.

Doch die Zeichen mehren sich täglich, die nicht unbedingt auf eine Besserung der Dinge hinweisen. Das Thema Kindesmißbrauch und katholische Kirche wird von den Medien, mit wenigen rühmlichen Ausnahmen, auf einen Siedepunkt getrieben, der mit seriösem Journalismus wenig, aber sehr viel mit Kampagne und Polemik zu tun hat. Wer vor kurzem auf einem Nachrichtensender die "Diskussion" mit dem katholischen Journalisten Martin Lohmann, einem Stern-Redakteur und einem hinlänglich bekannten Moderator verfolgte, konnte es mit der Angst zu tun bekommen. Was dort geboten wurde, war keine Diskussion, das war ein reines Kesseltreiben - dem jedoch Lohmann couragiert widerstand. Suggestivfragen schraubten die Polemik und die kalte Aggression in eine unerträgliche Höhe, die nur noch ein Ziel vor den verblendeten Augen hatte: nicht die mißhandelten Kinder, sondern das Haßobjekt Kirche.

Und damit nicht genug: die nächste Sendung, die angekündigt wurde, sollte sich dem Thema "Arm und Reich" widmen. Suggestive Bilder von sektschlürfenden Nichtsnutzen wurden mit schwer arbeitenden Krankenschwestern kontrastiert, untermalt von düster-drohender Musik. Im Geschichstunterricht ist uns beigebracht worden, daß die Weimarer Republik nicht an ihren Institutionen oder ihrer Verfassung zugrundegangen wäre, sondern daran, daß ihr die Republikaner ausgingen.

Die Demokratie lebt nur dann, wenn Probleme offen und sachlich diskutiert werden, wenn nicht das Schwarz-Weiß überwiegt - hier die Guten, die Schuldigen, dort die Bösen. Momentan nimmt jedoch eine öffentliche, will heißen mediale Diskussions-Unkultur überhand, die genau so arbeitet. Man muß Westerwelle nicht mögen. Aber die Art, wie seit Tagen ein Kesseltreiben veranstalt wird, nur weil er ein echtes Problem ungeschickt angesprochen hat, ist schlicht unerträglich. Die schlimme Botschaft wird nicht besser, wenn man den Überbringer öffentlich hinrichten läßt!

Ein bedenkliches Zeichen ist es auch, wenn eine Gesellschaft, die vor dem Problem des Kindesmißbrauchs bis gestern noch die Augen verschloß und tausend Ausflüchte und Entschuldigungen fand bis hin zur Forderung nach Abschaffung von Straftatbeständen bei sexuellen Kontakten zu Minderjährigen, wenn dieselbe Gesellschaft heute auf ein Häuschen zeigt und lauthals Feuer schreit, während die eigene Burg lichterloh in Flammen steht.

Die Kirche hat bisher noch die schlimmsten Zeiten überstanden. Demokratische Gesellschaften sind dagegen zerbrochen, weil ihre Prinzipien zu leeren Hülsen verkamen.

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