Sonntag, 31. Juli 2011

Ein Plattenbau für die Freisinger Altstadt


In diesen Tagen, da die Wellen über den Bau der dritten Startbahn hochschlagen, ist viel von Flächenverbrauch und dem Schaden die Rede, den man damit Mensch, Umwelt und dem Erbe antut, das wir unseren Kindern hinterlassen wollen. Daß gleichzeitig, ja tagtäglich in unseren Städten dieses Erbe beeinträchtigt, ja zerstört wird, scheint niemanden zu interessieren. Offiziell wird zwar in jeder Sonntagsrede von unserem schönen München schwadroniert, von den Altstädten Freisings oder Nürnbergs, während eben gleichzeitg in dieses Erbe hemmungslos eingegriffen wird.

Nehmen wir zum Beispiel München. In einem früheren Beitrag haben wir schon erwähnt, daß die Strecke zwischen Donnersbergerbrücke und Hauptbahnhof mittlerweile von Gebäuden gesäumt wird, die diesen Namen eigentlich nicht verdienen. Weiße, gesichtslose Kästen, seelenlose, unästhetische Legebatterien für jene, die meinen, um jeden Preis im Zentrum Münchens wohnen zu müssen. Ganz abgesehen davon bieten sie dem mit der Bahn anreisenden Touristen ein eher abschreckendes Bild des angeblichen "Millionendorfs" München.

Wer Freising besucht, wird auch eher den Domberg und die so typisch altbayerische Altstadt im Kopf haben. Wer unbedingt moderne, "zeitgemäße" Architektur besichtigen will, kann dies nach Herzenslust in Frankfurt oder anderen "Metropolen" tun. Auch wer an den unsäglichen architektonischen, einstmals modernen Relikten der untergegangenen DDR interessiert ist, muß sich beeilen, denn in den nicht mehr so neuen neuen Bundesländern werden die Plattenbauten mittlerweile "rückgebaut", wie es so schön im Amtsdeutsch heißt. Man reißt sie ab, weil niemand, aber auch niemand in diesen menschenunwürdigen Bruchbauwerken mehr wohnen möchte.

Aber nichts ist so scheußlich, daß es nicht noch Nachahmer finden würde. In der Ziegelgasse im schönen, ach so altbayerischen Freising, geht man momentan daran, die eigentlich ad acta gelegte Episode der deutsch-deutschen Geschichte unfröhliche Urstände feiern zu lassen. Mag der Neubau innerlich auch auf dem neuesten Stand der Zeit sein, was Wohnkomfort und ähnliches betrifft. Äußerlich ist er schlicht und einfach ein Schandfleck. In jedem Neubaugebiet, wo sich ein Schachtelhäuschen an das nächste reiht, würde er sich wunderbar einfügen. Aber inmitten der altehrwürdigen Häuser ringsum, in einem relativ intakten Altstadtgefüge ist diese Form der Architektur ein Schlag ins Gesicht. Warum ist es nicht möglich, eine Fassadenform zu finden, die sich den umstehenden Häusern anpasst, die nicht brutalstmöglich mit diesen kontrastiert? Müssen moderne Architekten mit ihren Bauwerken der Tradition unbedingt ihre Verachtung ins Gesicht schreien?

Apropos Tradition, Erhaltung unserer geschätzten bayerischen Altstädte? Wo sind die, die sonst bei jeder Gelegenheit im Trachtenanzug aufmarschieren und wortreich diese Tradition beschwören? Und was sagt das Landesdenkmalamt zu solchen architektonischen Einbrüchen in gewachsene Altstädte?

Mittwoch, 6. Juli 2011

Otto von Habsburg



Nur wenige Monate später ist nun Otto von Habsburg seiner Gattin nachgefolgt. Der Tenor der Berichterstattung ist sich zumindest darin einig, daß eine große Persönlichkeit von uns gegangen ist, daß mit Erzherzog Otto von Habsburg eine Epoche zuendegeht. Wen gibt es auch sonst, der eine derart lange Zeitspanne hätte überblicken können, von der Zeit vor dem ersten Weltkrieg über die Katastrophe der Hitlerdiktatur, die drückenden Jahre des Kommunismus bis in die Gegenwart unter dem Zeichen der europäischen Einigung? Otto von Habsburg war nicht nur Zeitzeuge, er hat aktiv eingegriffen, sich gegen die kommunistische Drangsal mit Wort und Tat gewehrt, er hat selbst sein Leben eingesetzt, um Österreich vor der braunen Unterdrückung zu bewahren. Welcher unserer gegenwärtig aktiven Politiker könnte das von sich sagen? Und dennoch ist die Reaktion in politischen Kreisen auf sein Ableben relativ lau, einmal abgesehen von den üblichen Beileidsbekundungen.

Die "Süddeutsche" spricht in typischer herablassender Süffisanz von "Otto dem Letzten", und im ORF ist in unterträglicher Impertinenz stets von "Otto Habsburg" die Rede, so als ob man noch über das Grab hinaus ein Bekenntnis zu den unseligen Habsburgergesetzen ablegen müßte. Mancher scheint seinen Gleichheitsdünkel, die händereibende Genugtuung, daß auch ein Habsburger in das Bürgerliche hinabsteigen mußte, auch jetzt noch auskosten zu müssen. Dabei ist die Crux eben die, daß das dem Sohn des (vorerst) letzten Kaisers von Österreich-Ungarn weniger Kopfzerbrechen bereitet hat als seinen kleinbürgerlichen Kritikern. Seine Mutter, Kaiserin Zita, hatte ihn Pflicht-, Verantwortungsgefühl und vor allem einen festen Glauben gelehrt. Wohin ihn das Schicksal stellte, daraus wußte er das beste zu machen.

Zahllose Vorträge, viele Bücher und Aufsätze, sein Engagement im Europaparlament in einem Alter, in dem andere EU-Parlamentarier längst ihre Pension verjubeln, all das zeigt, daß Otto von Habsburg sein Leben als Pflichterfüllung im Dienste eines Höheren verstand. So und damit richtig gesehen ist Gottesgnadentum die Verpflichtung, die aus der besonderen Stellung erwächst. Otto von Habsburg lebte in dem Bewußtsein, das ihn seine Mutter und sein tieffrommer Vater, der selige Karl von Österreich-Ungarn, gelehrt haben, daß er dereinst für das, was er im Diesseits getan hat, Rechenschaft würde ablegen müssen. Ein Bewußtsein, das unseren Profipolitikern vollkommen abgeht, das ihn auch nicht mehr verständlich zu machen ist.

Sein Vorbild ist eine Mahnung, die man am besten durch Herunterspielen, durch Verweis auf einen angeblichen inexistenten "Habsburg-Mythos" und "Sissi-Sentimentalitäten" zu zerstreuen versucht. Otto von Habsburgs Leben und Leistung sind ein Vorbild für alle jene, denen unsere Gesellschaft am Herzen liegt, eine Gesellschaft, die immer mehr den Technokraten, Bürokraten und Ideologen zu erliegen droht. Wir verneigen uns in Dankbarkeit, Ehrfurcht und Respekt vor einem großen Menschen, Politiker und Christen.

Der Herr lasse ihn ruhen in Frieden, und das ewige Licht leuchte ihm!