Freitag, 12. Februar 2010

Das ewige deutsche Sorgenkind Schule


Mit Ausnahme des Steuersystems wird in Deutschland seit den 1970er Jahren über nichts so leidenschaftlich und fruchtlos diskutiert wie über die Schule. Warum brauchen die Schüler heute zu Tausenden Nachhilfeunterricht, fragte heute eine Sendung des Bayerischen Rundfunks. Die Antwort war für die meisten Mitdiskutanten wie für den anwesenden Experten klar: die Schüler seien überlastet, es fehle an "individueller Förderung", die Lehrer seien schlecht ausgebildet, sie würden sich modernen Lerntechniken verweigern, und vor allem sei "der Staat" nicht bereit, das nötige Geld "in die Hand zu nehmen", um endlich, endlich die Dinge zum Besseren zu wenden.

Der Stand der Diskussion hat sich augenscheinlich seit den 70ern nicht verändert. Es ist nur eines verwunderlich: seit vierzig Jahren wird ohne Unterlaß reformiert, diskutiert, Professoren haben sich goldene Nasen mit immer neuen pädagogischen Konzepten verdient, doch das vielgescholtene "System" ist immer noch nicht in jenem anvisierten Idealzustand.

Woran liegt es also? Liegt es nicht vielmehr an einem Webfehler, den die ewigen Reformatoren nicht einsehen wollen - daß es intellektuelle Unterschiede zwischen den Schülern gibt, die man auch durch die beste Pädagogik nicht beseitigen kann. Daß es schlicht ein zielloses Unterfangen ist, jede und jeden zum Abitur zu bringen. Die Konsequenzen dieses Webfehlers sind jedem sichtbar, nur denen nicht, die weiter in ihrem pädagogischen Wolkenkuckucksheim leben wollen: daß ein Hauptschüler fast keine Chance mehr hat, eine Lehrstelle zu bekommen; daß an Universitäten abgestufte Bachelor-Abschlüsse eingeführt werden müssen, weil viele Abiturienten nicht mehr wirklich reif für die Universität sind, usw. usf.

Das Grundproblem ist also nicht unter all den seit Jahrzehnten mantrahaft wiederholten Problemen zu suchen. Ein Schüler, der in den 1950er Jahren in die Schule ging, hatte klare Hürden zu überwinden, um in eine höhere Schule zu kommen. Überwand er sie nicht, weil seine Talente zum Beispiel eher im Praktischen lagen, fand er auch seinen Platz in der Gesellschaft. Die Lösung unseres "Schulproblems" scheitert schlicht am Gleichheitswahn, der einen Professor für eine höhere Lebensform als einen Metzger hält, obwohl beide für den Bestand einer Gesellschaft wichtig sind. Und sie scheitert nicht zuletzt daran, daß Fleiß und Gehorsam zu Sekundärtugenden herabgewürdigt wurden, ohne die aber Erfolg nicht möglich ist.

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