Sonntag, 9. Mai 2010

Biedermänner und BrandstifterInnen


Wer nicht merke, daß die Massenmedien momentan eine Kampagne gegen die Kirche führen, der hätte Tomaten auf den Augen - so der Papst-Biograph und Bestseller-Autor Peter Seewald. Die Massenmedien wollen davon natürlich nichts wissen. Sie würden ja nur der Aufklärung dienen, so das scheinheilige Gerede der Biedermänner.

Wer die krassen Einseitigkeiten der Berichterstattung kritisiert, sieht sich schnell ins Aus gedrängt. Der ehemalige Sprecher Mixas, Dirk Hermann Voß, hätte in der "Katholischen Sonntagszeitung" ein "verquastes Rückzugsgefecht" geführt. Solchen konservativen Apologeten, die Mixa "weiter als Opfer einer Medienkampagne" verteidigten, stünden die Gläubigen gegenüber, die auf erhellende Antworten aus dem Domkapitel warten würden, heißt es in einem Kommentar einer großen süddeutschen Zeitung vom Wochenende.

Darauf brauchen die nicht mehr zu warten. Den Stab hat die Zeitung längst gebrochen. Die Überschrift eines Artikels lautet denn auch "Nun noch ein Verdacht auf sexuellen Mißbrauch" - so als wäre das Sündenregister schon lang genug. In den folgenden Artikeln verschwimmt der Verdacht unter der Hand zur Gewißheit. Diese Art journalistischer "Aufklärung" wird noch verschlimmert durch die Illoyalität und Selbstgerechtigkeit manches Klerikers, der nichts bessers zu tun weiß als seinen schon am Boden liegenden Oberhirten noch zu treten.

Von "unseligem Treiben" redet ein "Moraltheologe" von der Universität Augsburg. Eine Rückkehr Mixas läßt in einem Artikel zitierte Pfarrer "frösteln", denn dann ginge die Abstimmung mit den Füßen weiter: "Wir verlieren so viele Gläubige, dass wir unsere Sonntagsgottesdienste dann nur noch in der Seitenkapelle abhalten können". Was einen wirklich frösteln läßt ist die unchristliche Selbstgerechtigkeit, die aus diesen unerleuchteten, überheblichen Worten spricht. Für diesen Klerus ist es scheinbar besser, mit der Meute zu heulen, wenn man nur als geduldetes Anhängsel einer kirchenfernen Gesellschaft im Kirchenschiff bleiben darf.

Ob Mixa schuld ist, daß seine Schuld noch erwiesen werden müßte, daß das Verfahren erst eingeleitet wurde - das spielt alles keine Rolle. "Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet!" Daß eine kirchenfeindliche Medienmeute kein gutes Wort für einen Kirchenmann findet, der der modernen, verblendeten Gesellschaft, deren Sprachrohr diese Medien sind, immer wieder ins Gewissen redete, kann nicht verwundern. Aber daß aus den eigenen Reihen aus kleinlichsten Motiven geschossen wird, das ist und bliebt eine Schande.

Es kann auch niemanden verwundern, daß die ewig Kirchenbewegten, die "Kirchen-von-unten"-Krakeler und "Wir-sind-Kirche"-Hobby-Häretiker und die permanenten Gesellschaftsveränderer sich in unterirdischsten Anwürfen überbieten - nur der hysterische, maßlose Tonfall macht frösteln. So hatte doch die Grünen-Bundesvorsitzende Roth, die Mixa schon als "durchgeknallten Fundi" beschimpft hatte, die Stirn, von "einer nicht für möglich gehaltenen moralischen Verkommenheit und bodenlosen Scheinheiligkeit" zu reden - mit der Einschränkung, "wenn sich die jetzt erhobenen Vorwürfe" bestätigen würden. Das sagt ausgerechnet die Vorsitzende eines politischen Vereins, der jede moralische Verkommenheit vom Ruch des gesellschaftlich Anstößigen befreien will und das auch über weite Strecken geschafft hat.

Christian Weisner von "Wir sind Kirche" meinte in maßloser Selbstüberschätzung entsprechend dem anmaßenden Titel seiner "Reformbewegung", der gegen Mixa erhobene Verdacht sei "eine schockierende Nachricht". Sie werfe "dunkle Schatten auf die gesamte katholische Kirche in Deutschland". Hans-Ulrich Jörges vom "Stern" hatte unlängt von der Kirche als einer Verbrecherorganisation gesprochen. Peter Wensierski vom "Spiegel" hatte gefragt, wie lange der Staat sich noch eine fundamentalistische, Rom-ergebene und rückwärtsgewandte Kirche, wie sie sich der derzeitige Papst vorstelle, leisten wolle.

Das sind, wenn es nicht so platt wäre, die alten Parolen der uralten, verstaubten, aber heute wieder taufrischen "Los-von-Rom"-Bewegung, die fatale Jünger hatte. Gemeinsam ist ihnen allen der Haß auf eine Institution, die die ewige Wahrheit gegen den immer wieder auftretenden Wahn des Zeitgeistes verteidigt. Zu diesem Wahn gehört die flagrante Selbstgerechtigkeit, die jemanden schuldig spricht, nicht weil er schuldig wäre, sondern weil seine Ideen mißliebig sind. Das macht wahrhaft frösteln...

Sollte Mixa freigesprochen werden, wird sich irgendwo ein kleiner Eintrag im hinteren Teil jener Zeitungen finden, denen kein Grund zu billig war, einen verdienten Menschen, weil er Kirchenmann ist, öffentlich hinzurichten. Der Augsburger Diözesanratsvorsitzende Helmut Mangold, der freilich auch vorauseilend "schockiert" war, sagte richtigerweise: "Unabhängig davon, wie die Vorermittlungen ausgingen, bleibe allerdings sicher viel hängen."

Und nur darum geht es den "Aufklärern": Aliquid semper haeret!

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