Mittwoch, 12. Mai 2010

ÖKT und andere Verwirrungen


Wenige Stunden bevor sich der Vorhang über dem religiösen Großereignis hebt ließ sich der evangelische Landesbischof vernehmen. Man sei hoffungsfroh, denn die Gemeinsamkeiten zwischen den Konfessionen seien doch groß. Den Menschen von heute seien die konfessionellen Unterschiede ohnehin nicht mehr zu erklären.

Hat man es denn versucht? Oder liegt das Problem nicht eher darin, daß man sich mittlerweile weniger als geistlichen Faktor, als Kirche denn als sozialpolitische Organisation sieht. Die Unterschiede müsse man begraben, so der Landesbischof, ansonsten werde man gesellschaftlich nicht mehr wahrgenommen. Die Kirche nicht als Heilsvermittlungsinstanz, sondern als weltliche Sinnvermittlungsagentur, die aus Tradition noch gewisse Transzendenzen mitschleppt.

Kein Wunder, kann man nur sagen, daß die Hirtenworte der Bischöfe ob protestantischer oder katholischer Couleur immer mehr nach den Programmpapieren der Bundespolitiker klingen. Man müsse mehr auf den sozialen Ausgleich achten. Der Staat dürfe nicht über seine Verhältnisse leben. Die Umwelt dürfe über allem Gewinnstreben nicht vergessen werden, usw. usf.

Die Politiker, die dafür gewählt sind, verlieren sich schon in allgemeinem Phrasendreschen, ohne daß ihnen der Wähler noch zutraut, etwas voranzubringen. Und nun verlegt sich auch noch das Kirchenpersonal, das niemand dafür gewählt hat, auf ein Feld, auf das sie nur begrenzten Einfluß haben, und läßt das im Stich, was ihre Kernkompetenz ist.

Aber diese Kernkompetenz sei ja nur Theologengezänk, das der heutige Mensch nicht mehr nachvollziehen könne. Man hört's und ist erstaunt. Daß Luther die römische Kirche angeklagt hatte, sie verfehle den Sinn der Heiligen Schrift, den die neue, protestantische Bewegung wieder freigelegt und damit den Menschen befreit hätte - davon kein Wort. Daß die Protestanten sich vom Heil entfernt haben, weil sie die Kirche, wie sie der Heiland wollte, ablehnen - davon hört man auch von den katholischen Bischöfen kein Wort mehr. Denn schließlich zählt viel mehr, daß man noch gesellschaftlich positioniert ist.

Kein Wunder, daß die Leute der/den Kirche(n) den Rücken kehren. Wer so mit seinem heilsgeschichtlichen Auftrag umgeht, den er noch vor kurzem mit aller Verve verteidigt hat, darf sich nicht wundern, wenn er unglaubwürdig wird - der selbstgemachte Abstieg von der alleinseligmachenden Lehre zur Parteimeinung.

1 Kommentar:

  1. Aus der Ferne kommt mir der ÖKT wie eine Häresie-Feier vor. Hart aber wahr.

    AntwortenLöschen