Sonntag, 23. Mai 2010

Der pfingstliche Geist aller Zeiten


Heute schreien sie wieder, wie sie so oft in der Geschichte schon geschrien haben - die Kirche müsse sich wandeln, sich "reformieren", mit der Zeit gehen. Die üblichen, bis zum Überdruß durchgehechelten Forderungen folgen umgehend. Der Zölibat sei nicht mehr zeitgemäß, die Morallehre der Kirche müsse auf den Prüfstand, überhaupt hätte die Kirche jene glückvolle Öffnung zur Welt, die angeblich das letzte Konzil erklärte hätte, endlich konsequenter zu praktizieren - so als hätte es keine Missionsorden, keine Jesuiten, die nach Indien und China gingen, keine barmherzigen Schwestern und all jene Katholiken nicht gegeben, die an ihrem Platz, in ihrer Welt die frohe Botschaft verkündigt haben.

Sie verkündigten ihn im Geist aller Zeiten, jenem der heiligen Schrift und der ewigen Tradition der Kirche, nicht in jenem Geist, dessen Verfallsdatum schon morgen überschritten sein kann. Der Geist von heute oder morgen gibt keinen Halt. Wenn wir nur ihn hätten, wären wir ein Spielball wechselnder Mächte. Genau das ist es, was jene Mächte wollen - der Christ war diesen schon immer verdächtig, weil er sich nicht für das Heutige, Moderne, Beliebte einfach begeistern läßt, weil es heutig, modern und beliebt ist. Daher der zorngerötete Kampf der roten und brauen Barbaren gegen das katholische Christentum, die nicht derart leicht auf die Lehren nationaler Potentaten festzunageln waren, sondern eher auf das übernationale Rom hören wollten.

Will man wissen, wie das Zeitgeistige im Religiösen aussieht, wenn man es konsequent zu Ende denkt, braucht man sich heute nur den Zustand der Evangelischen Kirche Deutschlands anzusehen. Jede neue und oft schon sehr alte, längst widerlegte Flause des Zeitgeistes wird zum Wehen des heiligen Geistes erklärt - siehe jene unsägliche Anbiederung der Frau Käßmann im Münchner Liebfrauendom an Pharmaindustrie und die grau gewordenen pressure groups des Feminismus um jeden Preis.

So ist mit Kirche höchstens Staat zu machen, aber der Berufung des Christlichen nur ein Bärendienst zu erweisen. Diese Berufung haben gerade jene klar und deutlich erkannt, die den Zeitgeist des vergangenen Jahrhunderts in seiner schlimmsten Form erleben mußten. Der russische Adelige Ivan von Kologrivov, der lange genug lebte, um die rote Diktatur mit ihrer mörderischen Weltverbesserungslehre und deren braune Verwandte zu erleben, widmete sein Buch "Das Wort des Lebens" seiner "unvergeßlichen, in Gott verewigten Zarin, am 16./17. Juli 1918 in Jekaterinburg ermordet". In diesem Buch schreibt er:

"Es genügt, das Wort vom Geist und die Form vom Inhalt zu trennen! Wer nicht weiß, was Sünde und Erlösung ist, wem Jesus von Nazareth nicht Gottes Sohn ist, von Ewigkeit zu Ewigkeit, wer in der Kreuzigung nur eine bedauerliche und eigentlich überflüssige Hinrichtung sieht und nicht weiß und glaubt, daß hier die Substanz der Schöpfung von Sünde und Tod gereinigt wurde, wer denkt, daß es nur um soziale Güte, um menschliche Tugend geht und nicht um das ewige Leben, um die Teilnahme am Leben Gottes, dem ist das Christentum eine bloß geschichtliche Erscheinung, die dazu noch ihr Alter und ihren Ursprung gegen sich hat: "eine Religion" neben anderen. Es ist nicht die ewige Wahrheit, die Offenbarung Gottes, die in Jesus geschehen ist."

Diesen überzeitlichen Stachel will man auch heute der Kirche wieder nehmen. Der Streit um Zölibat und scheinbar periphere Lehrfragen erscheint nur auf den ersten Blick als Nebenkriegsschauplatz. Er zielt ins Herz der Kirche und des christlichen Glaubens.

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