Montag, 14. Mai 2012

Der politische Kindergarten

Selten hat man eine so lockere, gemuetliche Runde bei Jauch sitzen gesehen wie gestern abend. Der einzige, der nicht mitspielen durfte, war der FDP-Vorsitzende. Ihm zeige die eigene Partei den Ruecken, wenn Wahlgewinner wie Kubicki sich nicht einmal vom Vorsitzenden gratulieren lassen wollen, stichelte Jauch, nachdem eines dieser unsaeglichen Einspielfilmchen Roesler "allein zuhause" gezeigt hatte. Trittin schob den "Radikalliberalen" auch noch in die rechte Ecke, zum Blockierer einer gerechten Finanzmarktordnung. Stell Dich in die Ecke, wohin Du gehoerst! Dass da Frau von der Leyen als Haetschelkind der Kanzlerin nicht auch noch in die Buesserecke wollte, kann man verstehen. Ihre kindischen Versuche, im Sandkasten zu bleiben, waren freilich Steilvorlagen fuer Gabriel und Trittin. Erst recht, von der Leyens Meinung, die "spannenden" Wahlerfolge der antichristlichen, antiliberalen, antibuerglichen Piraten wuerden vor allem den Gruenen schaden. Muss die CDU mittlerweile schon auf die Piraten hoffen, um die Opposition zurueckzustutzen? International sei ja Merkel ueberragend, national verliere ihre Partei zwar ebenso ueberragend, aber letztlich gehe es nur darum, sich moeglichst "breit aufzustellen", so Frau von der Leyen! Das ist ihre fast schon bemitleidenswert hilflose Bilanz der katastrophalen politischen Entwicklung der Union. Dass sich da Gabriel wohlig im Sessel waelzt und herablassend-rotzfreche Kommentare an Roesler austeilt, kann nun wahrhaftig nicht verwundern. Dabei haette keiner aus der schwarz-roten Sippschaft Grund, auch nur den Ansatz einer triumphalen Geste zu zeigen. Denn an der exorbitanten Ueberschuldung und der nachgerade sozialistischen Staatsquote, die den leistungstragenden Mittelstand erstickt, tragen sie alle ihr geruetteltes Mass an Schuld. Die Arroganz, mit der Gabriel im Gleichklang mit dem franzoesischen Wahlgewinner Hollande von neuen Steuern und Staatsschulden spricht, "um Wachstum zu generieren", wird nur noch von seiner im Amt erworbenen Korpulenz uebertroffen. Wie nahe muessen wir dem Staatskollaps eigentlich noch kommen, dass diese Herrschaften ihren Primitiv-Keynesianismus endlich aufgeben? Der Gipfel der selbstherrliche Arroganz war erreicht, als Gabriel den FDP-Vorsitzenden in die rechte Ecke stellte. Was immer man von den praesidialen Talenten Roeslers halten mag. Aber dass ein Mann, der schlicht und einfach an das erinnert, was die Bundesrepublik gross gemacht hat, an Disziplin, Masshalten und Sparen, zeigt ueberdeutlich, dass wir mit den linken Grossparteien - und die CDU gehoert mittlerweile definitiv auch dazu - genau dort angekommen sind, wovor Helmut Kohl zu recht gewarnt hat: Eine Staatsquote ueber 50 Prozent ist Sozialismus. Schuldenmachen gilt als Tugend. Andernfalls haette der Schuldenrekord der Frau Kraft in Nordrhein-Westfalen das Genick brechen muessen. Der eitle Sonnenschein bei Jauch war angesichts der Perspektiven nicht anderes als Zynismus. Dass Jauch trotzdem seine jungenhafte Smalltalk-Attituede nicht ablegen konnte, stimmt nachdenklich. Anne Will war schon schlimm genug.

Freitag, 30. März 2012

Die Nationalkirchlichen des 21. Jahrhunderts


Was ist katholisch? Vor dieser Antwort druecken sich gerade unsere Theologen wortreich. Sie bevorzugen das Etikett "christlich" in der Meinung, damit wuerde man die "Verengung" auf die katholische Amtskirche vermeiden und alle, die sich irgendwie der "Sache Jesu" verbunden fuehlen, in einer grossen Wohlfuehlgemeinschaft vereinen. Der Ernst der "Sache Jesu" geht darueber freilich floeten. Dem alten Luther war dieser Ernst so ernst, dass ihn die Angst vor der Verdammnis so sehr herumtrieb, dass er dafuer selbst den Bruch mit der Kirche und damit letzlich die ewige Verdammnis riskierte. Heute meint mancher seiner angeblichen Nachfolger eher dadurch verdammt zu werden, wenn er den Regenwald nicht pflegt oder die gerade aktuellen Parolen des real existierenden Feminismus und Egalitarismus nicht mit der Bibel rechtfertigt, ohne Ruecksicht darauf, ob die Bibel das auch hergibt. Die Angst vor der Verdammnis durch den Zeitgeist hat laengst die Angst vor der Verdammnis verdraengt.

Diese Angst vor der aktuellen, sehr diesseitigen Hoelle treibt auch jene um, die zur Zeit zum "Ungehorsam" gegen ihre Kirche blasen, die Kohorten des Herrn Schueller aus dem schoenen Oesterreich. Man fragt sich, welche Art von Katechismus-Unterricht dieser und seine lauten Anhaenger einst genossen haben? Schueller ist nicht mehr der Juengste, auch wenn er sehr viel juenger aussieht. Daher sollte er, als er sich dafuer entschied, Priester zu werden, noch gewusst haben, was ein katholischer Priester ist, wie er der Kirche zu dienen hat, dass er das heilige Messopfer am Altar darzubringen hat, fuer das Heil der Seelen, dass dieses Heil wichtiger ist als das doch sehr kurz bemessene Wohlergehen im Diesseits, etc., etc. Er kennt die katholische Lehre, er muss sie kennen, es sei denn, sein damaliges Priesterseminar war schon damals komplett von der aktuellen Zeitgeistangst heimgesucht.

Fuer ihn gilt aber auf einmal, machet euch nicht dieser Welt untertan, wie der Heilige Paulus seligen Angedenkens meinte, sondern macht euch nur ja nicht Rom oder noch weniger dem untertan, was da vielleicht kommen koennte, wenn uns der Herr aus dieser besten aller Welten abberuft. Frueher haben die Leute noch ein Paar Schuhe durchgelaufen, wenn es um einen Primizsegen ging. Heute wuerden das die "Ungehorsamen" als Aberglauben abtun, und bestehen laut darauf, dass jeder eine Kirche und einen Gottesdienst am Ort habe! Welche Art von Gottesdienst ist egal! Is doch eh ois aans! Daher wollen die "Ungehorsamen" auch nicht verstehen, warum der Bischof von Passau, Wilhelm Schraml, Wortgottesdienste nicht als Ersatz anerkennen will. Er kann nicht anders! Er besitzt im Unterschied zu seinen Kritikern, die ihn dafuer als herzlos beschimpfen, noch die Gabe der Unterscheidung.

Allein diese Unfaehigkeit zur Differenzierung sollte hinreichen, um die "Ungehorsamen" als haeretisch zu qualifizieren. Wer nicht mehr in der Lage ist, eine gueltige Messe von einer Andacht, einem religioes angestrichenen Ringelpiez mit Anfassen zu unterschieden, der vergisst, wenn er es nicht bewusst missachtet, das zentrale Unterscheidende des Katholischen - die heilsnotwendige Praesenz des Herren unter den Gestalten von Brot und Wein. Der Bischof von Graz, Egon Kapellari, hat es, Gott sei's gedankt, daher auch endlich gewagt, die Aufstaendischen als das zu bezeichnen, was sie sind - Abtruennige, die ihren privaten Heilslehren anhaengen.

Die These, grosse Teile der deutschen und der oesterreichischen katholischen Kirche seien auf dem direkten Wege zu einer von Rom unabhaengigen Nationalkirche, hat leider vor allem mit dieser Sehnsucht zu tun, nicht anders zu sein als die anderen. Wenn sie denn intellektuellen Tiefgang haette! Wenn sie nur im Ansatz jenen Nationalkirchlichen des 19. Jahrhunderts wie Renan oder Loisy aehneln wuerde, die mit akademischem Anspruch ihre modernistischen Tiraden ritten! Nichts davon! Heute kocht alles darauf herunter: Spiel nicht mit den katholischen Schmuddelkindern, die sich immer noch auf die Heilige Schrift, die Tradition und den alten Schmaeh berufen, um Frauen, Geschiedene und andere zu diskriminieren! Auf, lasset uns um das goldene Kalb der Tagesmeinung, der zeitgeistigen Wohlfuehlreligion tanzen!

Luthers Reformation wird heute gerne so gedeutet, als waere der Augustinermoench schon damals von dieser fatalen Tendenz zum Bruch mit Rom verleitet worden, Luther als Vordenker der heutigen Couch-potato-Christen. Nichts davon! Luther plagte nicht die Angst vor den kirchenkritischen Geisslers, Kuengs und diversen "Anchor men and women" der deutschen und oesterreichischen Fernsehanstalten. Er hatte noch Angst vor dem ewigen Gericht, davor, nicht gottgefaellig zu leben. Das Zeitgeistgefaellige der Schueller und Co. kann und wird nie die Zukunft der Kirche sein.

Dienstag, 27. März 2012

Matussek und die Mandarine


Nach langer Zeit des Schweigens ist es hoechste Zeit, einmal wieder die Stimme zu erheben. Es gibt ja eine Klasse von Zeitgenossen, die vollmundig von den einfachen Christen, den einfachen Buergern schwadroniert, von denen, die besser als die "da oben" wuessten, was recht und richtig sei. Das gilt in der Politik genauso wie in Kirchendingen. Die Funktionaere der "Kirche-von-unten"-Bewegung wie die Revoluzzer der antikatholischen, antikirchlichen oesterreichischen "Pfarrer-Initiative" folgen genauso dieser Strategie wie ein Heiner Geissler oder ein Hans Kueng.

An der vielbeschworenen Basis sei man, so wiederholen sie unentwegt, sehr viel weiter als in Rom. Was dieses ominoese "viel weiter" bedeutet, und woran es sich misst, davon schweigen sie wortreich. Wenn es aber diese Basis wagt, eine eigene Meinung zu haben, will heissen, wenn diese Basis einmal nicht ihren Verfuehrern folgt, sind diese masslos enttaeuscht ob dieser Rueckstaendigkeit. Erst kuerzlich klagte ein in die Jahre gekommener Pfarrer der Konzils-Aufbruchs-Generation in der Sueddeutschen Zeitung, die Kirche sei nach wie vor ungemein reformbeduerftig. Es sei ungeheuer viel zu tun, und man sei ja doch schon sehr weit gekommen. Aber, so der Herr Pfarrer, koenne dieser berechtigte Widerstand versacken, weil, ja weil die juengere Generation eher wieder "romhoerig" sei.

Ach ja, wir erinnern uns, im kalten Krieg teilte man die Welt in Moskauhoerige und Washingtonhoerige ein - das Reich des Boesen gegen das Reich des Lichtes. Das Reich des Lichts, der Weltweisheit und der Aufgeschlossenheit ist im Lager der Kirchenvolksbewegten, der ewigen Reformer, das Reich des Boesen...in Rom. Wer als "romhoerig" qualifiziert wird, kann nur ein Dunkelmann sein. Diese Dunkelmaenner zeichnen sich durch etwas unerhoert Skandaloeses aus: Sie glauben! Sie glauben an das, was die Kirche aller Zeiten seit allen Zeiten verkuendet! Sie haben keine Lust, sich dieser Zeit gleichfoermig zu machen, wovor schon der Heiligen Paulus warnte. Aber was ist der Apostelfuerst schon gegen einen Kueng oder Geissler, die unablaessig davor warnen, die Kirche gerate ins Ghetto, ins gesellschaftliche Abseits, wenn sie weiter an ihren verstaubten Dogmen, an ihrem Kinderglauben haengt.

Der Spiegel-Publizist Matthias Matussek musste sich diesen typisch deutschen Cheftheologen-Mandarin-Duenkel vor kurzem waehrend einer Diskussion ebenfalls gefallen lassen. "Er glaube ja viel, wisse aber sehr wenig", meinte die KNA darauf, weil er, so der Vorwurf, Rom verteidigt hatte! Das ist die klassische post-reformatorische, deutsche Arroganz - am deutschen Wesen/Wissen soll die Kirche genesen! Jene Arroganz, die den Glaeubigen nicht den Glauben vermittelt, sie nicht wirklich weiser und wissender macht, sondern ihnen mit taeglich wechselnden Modetorheiten den Kopf verdreht.

Der Kommentar von Matthias Matussek sei zur Lektuere waermstens empfohlen:

http://www.kath.net/detail.php?id=35840

Dienstag, 13. Dezember 2011

Die falsche Aufregung


Die Sache ist ja abgetan. Die deutsche katholische Bischofskonferenz hat sich von "Weltbild" getrennt. Alle, die sich vorher ueber die Verweltlichung der Kirche, ueber die Zweckentfremdung von Kirchensteuern, ueber den gewaltigen Vertrauensverlust der Kirche entruestet hatten, waren's zufrieden. Der Papst hatte "Entweltlichung" angemahnt, und die verweltlichte deutsche Kirche, die fuer Mammon den Glauben und die Menschenwuerde mit Fuessen tritt, habe sich eines Besseren belehren lassen.

Wenn es denn so einfach und schoen waere! Man hat den Eindruck, die Kirche haette in deutschen Landen keine gewichtigeren Probleme. In konservativen Foren wird regelmaessig darueber Klage gefuehrt, wie der Glaube vor die Hunde kaeme. Dass Hochschulprofessoren das Gegenteil des ueberlieferten Glaubens lehrten, dass sich Bischoefe selten bis nie getrauen, die Politiker an ihre Christenpflichten zu erinnern - siehe den nominell katholischen Bundespraesidenten, siehe die Unions-Politiker, die fuer Donum Vitae arbeiten und sich beschweren, wenn man sie an die Mahnworte des letzten und des jetzigen Papstes erinnert, oder die unseligen Debatten zur Stammzellforschung und zur PID.

Der Felder, die zu beackern waeren, sind es mehr als genug, man kennt sie eigentlich zur Genuege: Schulkinder, die bis zum Abitur trotz katholischen Religionsunterrichts das Glaubensbekenntnis mehr schlecht als recht kennen, usw., usf. Und da erregt man sich ueber einen Medienkonzern, der neben der Masse an vollkommen harmlosen Titeln auch einige Sexratgeber und zweifelhafte Esoterikschinken im Angebot hat!

Man verstehe mich nicht falsch! Selbstredend sollte ein Unternehmen, dessen Eigentuemer die deutsche katholische Kirche ist, darauf achten, was in seinem Namen produziert und verkauft wird. Aber man soll doch die Kirche wahrhaftig im Dorf lassen und den "Skandal" nicht zur Frage auf Sein oder Nichtsein der Kirche hochspielen! Angesichts der Kirchenaustritte, des grassierenden religioesen Analphabetismus ist ein Glaubensstreit ueber fragwuerdige Buchtitel, die bei "Weltbild" erscheinen, nachgerade laecherlich. Dass diese Verlagesgruppe der Kirche gehoert, wussten ja viele noch nicht einmal.

Die Bischoefe haben sich relativ rasch entschlossen, "Weltbild" zu verkaufen. Man wuerde sich wuenschen, sie handelten ebenso rasch, wenn wieder ein durchgeknallter Pfarrer seinen Altarraum leerraeumt und modernisiert, oder ein Professor Unkatholisches vom Vortragspult verkuendet! So bleibt der hastige Verkauf von "Weltbild" ein Placebo, das ausserdem wirtschaftspolitisch toericht ist. Warum konnte man sich nicht nur von den fragwuerdigen Produkten trennen?

Mittwoch, 21. September 2011

Der Papstbesuch



Wenn man den Journalisten, Medienschaffenden und nicht zuletzt vielen unserer Politiker glaubt, ist Papst Benedikt XVI. in Deutschland eigentlich nicht willkommen. Wladimir Putin durfte vor dem deutschen Bundestag sprechen, weil dieses Land auf den Ölreichtum Russlands angewiesen ist. Da sieht man gerne über gewisse menschenrechtliche Probleme hinweg. Der Papst hingegen wird zur Unperson stilisiert, weil er dieses Land auf seinen ethischen Relativismus, seine Schizophrenien hinweist. Freilich tobt sich jetzt wieder der uralte deutsche, antirömische Affekt aus. Rom ist für alles Schlechte in der Welt verantwortlich. Der Zölibat knechte und verbiege den Charakter, tönen diejenigen, die zum Sexualtherapeuten müßten, weil sie von ihrer Sucht nicht loskommen. Der Papst sei willkommen, tönt der Altrevoluzzer und RAF-Sympathisant Christian Ströbele, wenn er sich endlich für die Verbrechen seiner Kirche in Lateinamerika entschuldigen würde. Stillschweigend fallen PID, vorgeburtliche Kindstötung und alles das, was sich laizistische und kirchenfeindliche Regime in diesem und im letzten Jahrhundert haben zuschulden kommen lassen, unter den Tisch.

Der Papst wird von diesen Leuten nicht gefürchtet, weil er sie zum Christentum bekehren könnte, sondern weil er sie an ihr Gewissen erinnert. Mag einer sich noch so antichristlich gebärden, sich noch soviele "Vernunftgründe" gegen den angeblichen Irrsinn des Glaubens ausdenken, das Gewissen rührt sich auch noch im wütendsten linken Atheisten, Anhänger der Giordano-Bruno-Stiftung oder Erz-Grünen. Prälat Wilhelm Imkamp von Maria Vesperbild nannte es einen Erfolg des Papstbesuches, daß schon jetzt heftig über den Besuch gestritten und diskutiert wird. Das Christentum läßt die Menschen nicht kalt. Auch und gerade Medien wie das Hamburger Kampfblatt nicht, die sich in suggestiven Schlagzeilen überschlagen, wenn es um den Papst geht: "Der Unbelehrbare", "Der Unfehlbare". So schwachsinnig und falsch diese Beinamen sind, sie offenbaren, daß diese so streitbaren Weltlichen arme Würstchen sind. Sie sind zu selbstverliebt, um sich ihre Angst einzugestehen, und haben nicht den Mut, sich zur einzigen Hoffnung zu bekennen, die wir haben. Christus ist Mensch geworden, um uns von dieser Angst zu befreien.

Der Papst ist nicht der absolutistische Monarch, der antidemokratische Wüterich, als den ihn seine Feinde beschreiben. Er ist der demütige Diener seines Herrn, der unser aller Herr ist. Und als diesen sollten ihn alle Menschen guten Willens in seiner Heimat willkommen heißen!

Sonntag, 31. Juli 2011

Ein Plattenbau für die Freisinger Altstadt


In diesen Tagen, da die Wellen über den Bau der dritten Startbahn hochschlagen, ist viel von Flächenverbrauch und dem Schaden die Rede, den man damit Mensch, Umwelt und dem Erbe antut, das wir unseren Kindern hinterlassen wollen. Daß gleichzeitig, ja tagtäglich in unseren Städten dieses Erbe beeinträchtigt, ja zerstört wird, scheint niemanden zu interessieren. Offiziell wird zwar in jeder Sonntagsrede von unserem schönen München schwadroniert, von den Altstädten Freisings oder Nürnbergs, während eben gleichzeitg in dieses Erbe hemmungslos eingegriffen wird.

Nehmen wir zum Beispiel München. In einem früheren Beitrag haben wir schon erwähnt, daß die Strecke zwischen Donnersbergerbrücke und Hauptbahnhof mittlerweile von Gebäuden gesäumt wird, die diesen Namen eigentlich nicht verdienen. Weiße, gesichtslose Kästen, seelenlose, unästhetische Legebatterien für jene, die meinen, um jeden Preis im Zentrum Münchens wohnen zu müssen. Ganz abgesehen davon bieten sie dem mit der Bahn anreisenden Touristen ein eher abschreckendes Bild des angeblichen "Millionendorfs" München.

Wer Freising besucht, wird auch eher den Domberg und die so typisch altbayerische Altstadt im Kopf haben. Wer unbedingt moderne, "zeitgemäße" Architektur besichtigen will, kann dies nach Herzenslust in Frankfurt oder anderen "Metropolen" tun. Auch wer an den unsäglichen architektonischen, einstmals modernen Relikten der untergegangenen DDR interessiert ist, muß sich beeilen, denn in den nicht mehr so neuen neuen Bundesländern werden die Plattenbauten mittlerweile "rückgebaut", wie es so schön im Amtsdeutsch heißt. Man reißt sie ab, weil niemand, aber auch niemand in diesen menschenunwürdigen Bruchbauwerken mehr wohnen möchte.

Aber nichts ist so scheußlich, daß es nicht noch Nachahmer finden würde. In der Ziegelgasse im schönen, ach so altbayerischen Freising, geht man momentan daran, die eigentlich ad acta gelegte Episode der deutsch-deutschen Geschichte unfröhliche Urstände feiern zu lassen. Mag der Neubau innerlich auch auf dem neuesten Stand der Zeit sein, was Wohnkomfort und ähnliches betrifft. Äußerlich ist er schlicht und einfach ein Schandfleck. In jedem Neubaugebiet, wo sich ein Schachtelhäuschen an das nächste reiht, würde er sich wunderbar einfügen. Aber inmitten der altehrwürdigen Häuser ringsum, in einem relativ intakten Altstadtgefüge ist diese Form der Architektur ein Schlag ins Gesicht. Warum ist es nicht möglich, eine Fassadenform zu finden, die sich den umstehenden Häusern anpasst, die nicht brutalstmöglich mit diesen kontrastiert? Müssen moderne Architekten mit ihren Bauwerken der Tradition unbedingt ihre Verachtung ins Gesicht schreien?

Apropos Tradition, Erhaltung unserer geschätzten bayerischen Altstädte? Wo sind die, die sonst bei jeder Gelegenheit im Trachtenanzug aufmarschieren und wortreich diese Tradition beschwören? Und was sagt das Landesdenkmalamt zu solchen architektonischen Einbrüchen in gewachsene Altstädte?

Mittwoch, 6. Juli 2011

Otto von Habsburg



Nur wenige Monate später ist nun Otto von Habsburg seiner Gattin nachgefolgt. Der Tenor der Berichterstattung ist sich zumindest darin einig, daß eine große Persönlichkeit von uns gegangen ist, daß mit Erzherzog Otto von Habsburg eine Epoche zuendegeht. Wen gibt es auch sonst, der eine derart lange Zeitspanne hätte überblicken können, von der Zeit vor dem ersten Weltkrieg über die Katastrophe der Hitlerdiktatur, die drückenden Jahre des Kommunismus bis in die Gegenwart unter dem Zeichen der europäischen Einigung? Otto von Habsburg war nicht nur Zeitzeuge, er hat aktiv eingegriffen, sich gegen die kommunistische Drangsal mit Wort und Tat gewehrt, er hat selbst sein Leben eingesetzt, um Österreich vor der braunen Unterdrückung zu bewahren. Welcher unserer gegenwärtig aktiven Politiker könnte das von sich sagen? Und dennoch ist die Reaktion in politischen Kreisen auf sein Ableben relativ lau, einmal abgesehen von den üblichen Beileidsbekundungen.

Die "Süddeutsche" spricht in typischer herablassender Süffisanz von "Otto dem Letzten", und im ORF ist in unterträglicher Impertinenz stets von "Otto Habsburg" die Rede, so als ob man noch über das Grab hinaus ein Bekenntnis zu den unseligen Habsburgergesetzen ablegen müßte. Mancher scheint seinen Gleichheitsdünkel, die händereibende Genugtuung, daß auch ein Habsburger in das Bürgerliche hinabsteigen mußte, auch jetzt noch auskosten zu müssen. Dabei ist die Crux eben die, daß das dem Sohn des (vorerst) letzten Kaisers von Österreich-Ungarn weniger Kopfzerbrechen bereitet hat als seinen kleinbürgerlichen Kritikern. Seine Mutter, Kaiserin Zita, hatte ihn Pflicht-, Verantwortungsgefühl und vor allem einen festen Glauben gelehrt. Wohin ihn das Schicksal stellte, daraus wußte er das beste zu machen.

Zahllose Vorträge, viele Bücher und Aufsätze, sein Engagement im Europaparlament in einem Alter, in dem andere EU-Parlamentarier längst ihre Pension verjubeln, all das zeigt, daß Otto von Habsburg sein Leben als Pflichterfüllung im Dienste eines Höheren verstand. So und damit richtig gesehen ist Gottesgnadentum die Verpflichtung, die aus der besonderen Stellung erwächst. Otto von Habsburg lebte in dem Bewußtsein, das ihn seine Mutter und sein tieffrommer Vater, der selige Karl von Österreich-Ungarn, gelehrt haben, daß er dereinst für das, was er im Diesseits getan hat, Rechenschaft würde ablegen müssen. Ein Bewußtsein, das unseren Profipolitikern vollkommen abgeht, das ihn auch nicht mehr verständlich zu machen ist.

Sein Vorbild ist eine Mahnung, die man am besten durch Herunterspielen, durch Verweis auf einen angeblichen inexistenten "Habsburg-Mythos" und "Sissi-Sentimentalitäten" zu zerstreuen versucht. Otto von Habsburgs Leben und Leistung sind ein Vorbild für alle jene, denen unsere Gesellschaft am Herzen liegt, eine Gesellschaft, die immer mehr den Technokraten, Bürokraten und Ideologen zu erliegen droht. Wir verneigen uns in Dankbarkeit, Ehrfurcht und Respekt vor einem großen Menschen, Politiker und Christen.

Der Herr lasse ihn ruhen in Frieden, und das ewige Licht leuchte ihm!