Donnerstag, 21. Januar 2016

Das neue Dekret


Ist das noch wohlverstandene Reform oder schon Revolution? Papst Franziskus hatte ja schon Aufmerksamkeit, Staunen und Begeisterung ausgelöst, als er nicht länger nur Männern am Gründonnerstag die Füße wusch, sondern Arme, Alte, von der Gesellschaft an den Rand gedrängte Menschen auswählte. Diese soziale Umdeutung der Fußwaschung ist nun in ein Dekret gegossen worden, das man etwas despektierlich mit der Überschrift versehen könnte: "Fußwaschung jetzt für alle". Am 6. Januar dieses Jahres war dieses Dekret der Gottesdienst-kongregation bereits ergangen, publiziert wurde es am 21. Januar. Die Vorschrift, nach der nur zwölf Männern in der Liturgie vom Gründonnerstag die Füße gewaschen werden, wird damit abgeschafft. Bekanntlich symbolisieren die zwölf Männer die zwölf Apostel im Abendmahlssaal, die Jesus Christus am Gründonnerstag zu Priestern geweiht hat, und die "Messe vom Letzten Abendmahl" ist bekanntlich die Erinnerung an die Einsetzung des Priestertums und der heiligen Messe. Ab sofort gilt: Die Geistlichen sollen künftig dafür eine kleine Gruppe von Gläubigen wählen, die die Vielfalt und Einheit von jedem Teil des Volkes Gottes darstellt. Diese Gruppe kann aus Männern und Frauen, Jung und Alt, Gesunden und Kranken, Priestern, Ordensleuten und Laien bestehen.

Man konnte das Dekret rein positivistisch als einen pragmatischen Akt, als Ausdruck der Regierungsstärke des neuen Papstes sehen, die sich deutlich von der zögerlichen Art seines Vorgängers absetzt. Traditionstreue Katholiken wünschen sich im nachhinein, daß Benedikt XVI. kraft seines Amtes als höchster Gesetzgeber der Kirche per Dekret etwa das Indult für die Handkommunion abgeschafft und die Reform der Reform in anderen Bereichen tatkräftig durchgesetzt hätte. Benedikt wäre als Gesetzgeber allzu vorsichtig gewesen. Und er hätte gemäß der Tradition gehandelt, die das neue Dekret großzügig und pragmatisch über den Haufen stößt. Denn Apostolinnen waren nach Auffassung der Tradition nicht im Abendmahlssaal. Auch wollte Christus nach der Überlieferung der Kirche keine Frauen zu Priestern weihen. Die Gerüchteküche kocht erneut, ob das nur ein weiterer spontanter Einfall des argentinischen Papstes ist, wie wir ihn immer wieder erleben, oder ob er Weiterreichendes präjudiziert. Die Dekretierung ist der Feind des Spontanen.

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