Donnerstag, 6. Januar 2011

Das Reizwort Assisi


An Assisi scheiden sich die Geister. Für die einen ist es Symbol eines versöhnten Miteinanders der Religionen, für die anderen das Menetekel eines Synkretismus, eines religiösen Indifferentismus, der nach dem zweiten Vatikanum die Kirche erfasst zu haben scheint.

Vor 25 Jahren, am 27. Oktober 1986, hatte Papst Johannes Paul II. Vertreter christlicher Konfessionen, aber auch unterschiedlichster Religionen zu einem Friedensgebet eingeladen. Um Bedenken auszuräumen, hier würde der Stellvertreter Christi auf Erden die alles überragende Heilsbedeutung des katholischen Glaubens relativieren, wenn er mit Häretikern und Leugnern der Gottheit des Herrn gleichberechtigt betet, hieß es, der Papst hätte nicht mit, sondern nur neben ihnen um den Frieden gebetet. Wegen des Eindrucks des Indifferentismus, ja Synkretismus hatte auch der damalige Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Ratzinger, Bedenken geäußert. Umso mehr überrascht, daß er für dieses Jahr ein neuerliches interreligiöses Treffen in Assisi angekündigt hat.

Das Problematische an Assisi hat auch die Predigt im Freisinger Dom zum Dreikönigstag offenbart. Einerseits meinte der Geistliche, Epiphanie sei der Tag, der zeige, wem die wahre Anbetung gebühre, dem Herrn, dem alle Herrschaft über die Welt zustehe, obwohl er damals, als ihn die Könige anbeteten, nur ein Kind war. Andererseits meinte er, Assisi sei nichts, was den Vertretern der anderen Religionen, die sich nun, Gott sei's gedankt, in Assisi treffen würden, Angst einjagen müßte, denn der christliche Glaube würde die anderen Religionen "nicht überstrahlen". Genau das tut er, was der Prediger auch im ersten Teil seiner Ausführungen so richtig feststellte. Und genau darum ist auch das gemeinsame Gebet so problematisch.

Es heißt, hier würden die verschiedenen Religionen Bekenntnis zum Frieden ablegen, und schon darum sei das gemeinsame Gebet wichtig und bedeutsam. Es verdunkelt nur zwei wesentliche Tatsachen. Erstens haben die Vorkommnisse in Alexandria, der Anschlag auf die Kopten, bei dem etliche Christen ums Leben kamen, erneut gezeigt, von welcher Religion die Gewalt heute wirklich ausgeht. Um Frieden zwischen den Religionen zu beten ist ansgesichts einer weltweiten Christenverfolgung, die mittlerweile selbst unsere sonst so indifferenten Medien bemerkt haben, zumindest zwiespältig. Ob ein gemeinsames Zeichen die Radikalität einer Religion, deren Vertreter keine glaubwürdigen Anzeichen der Reue geben, wirklich mildern kann, bleibt zu bezweifeln.

Die zweite Tatsache fällt schwerer ins Gewicht. Mag auch das gemeinsame Gebet als innerweltliche, politische Geste im Gedächtnis bleiben, ist ihr religiöses Gewicht doch zu vernachlässigen. Den wahren Frieden kann nur Christus, der die Welt erlöst hat, bringen. Welchen Wert sollte in den Augen Gottes also ein Gebet haben, an dem sich auch die beteiligen, die an die Erlösungstat des Sohnes Gottes nicht glauben, die sie ablehnen und verwerfen?

1 Kommentar:

  1. Ich freue mich sehr auf das gemeinsame Gebet in Assisi. Es sendet ein ganz wichtiges Zeichen für die Möglichkeit von Frieden und bedingungsloser Achtung und Wertschätzung zwischen religiösen Menschen in der Welt.

    Im Geist der Nächstenliebe grüßt Sie herzlich,
    Thitadhammo Bhikkhu vom Buddhistischen Kloster Freising

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