Samstag, 26. Juni 2010
Die große Verwirrung
In diesen Tagen möchte man eigentlich nur noch die Augen und Ohren verschließen und nichts mehr sehen und hören. Die Zeitungen und Fernsehsendungen überbieten sich gegenseitig in der "Aufdeckung" neuer, schmutziger Details der ach so verdorbenen Kirche. Da hilft nur das, was der Christ, wenn er in Bedrängnis ist, und ganz besonders wenn die Kirche Christi in Bedrängnis ist, seit jeher getan hat - er betet.
Die Kraft des Gebets ist etwas, was dem Bösen in der Seele zuwider ist, denn der, der betet, glaubt fest daran, daß es eine Macht des Guten gibt, die ihm in seiner Pein helfen kann, daß Gott ihn gegen die Mächte des Bösen nicht allein läßt. Daß es das Böse an sich gibt, ist Dogma der Kirche. Unter dem Einfluß modernen Denkens mag dieser Glaube relativiert worden sein, dahin, daß das Böse Ausfluß sozialer Verhältnisse und daher zu bessern sei. Aber gerade heute, da die Kirche einer Hetze ohnegleichen ausgesetzt ist, wird schlagend klar, daß man mit dem Bösen rechnen muß, in der Kirche selbst wie außerhalb.
Auch in die Kirche hat sich das Böse eingeschlichen, in Gestalt jener Priester, die ihre Weihegnaden, ihre Berufung in der schlimmsten Weise verraten haben und damit, wie der Papst gesagt hat, Christus selbst ins Gesicht schlagen. Ihnen den Prozess zu machen, ist nur zu berechtigt. Wenn aber mit Hilfe dieser Frevler die katholische Kirche an sich in Frage gestellt wird, dann zeigt sich die Fratze des Diabolus, des "Durcheinanderwerfers", des großen Verwirrers.
Der Erzbischof von München und Freising, Reinhard Marx, hat heute morgen in seiner Predigt zur Priesterweihe von vier jungen Männern im Freisinger Dom, gesagt, heute käme es darauf an, sich nicht verwirren zu lassen, und treu zu Christus und seiner Kirche zu stehen. Genau das ist es. Diejenigen, die jetzt angeblich in Scharen aus der Kirche austreten, haben etwas Wesentliches nicht verstanden. Die Kirche ist keine Versammlung der Heiligen, es soll aber jeder, der ihr angehört, sich bemühen, heilig zu werden. Wer gefehlt hat, kann auf Barmherzigkeit hoffen, wenn er nur seinen Fehler einsieht und ihn aufrichtig bereut.
Dafür braucht es aber einen klaren moralischen Rahmen, den die Kirche auch eisern verteidigt. Sie kann das schreiende Unrecht, das Schutzbefohlenen angetan wurde, niemals entschuldigen. Daß ausgerechnet eine Gesellschaft, die bereit ist, alles und jedes zu entschuldigen und jede Art verbindlicher Moral als überholt verwirft, nun mit Fingern auf die Kirche zeigt, ist schlicht und einfach reine Heuchelei. Wer sich nicht den Blick vom Rauch der medialen Kirchenfeinde vernebeln läßt, muß klar erkennen, daß die "Aufdeckung" der Mißbrauchsfälle in der Kirche nichts mit Aufklärung, aber verdammt viel mit der diabolischen Absicht zu tun hat, die Kirche als moralische Instanz abzuschaffen. Eine Instanz, die ihre Normen nicht wechselnden Moden, positivistischer Rechtssetzung, einem fortwährenden Plebiszit verdankt, sondern sich auf Gott selbst berufen kann.
Das unterstrich auch der Münchner Erzbischof, als er in seiner Predigt sagte, der Priester sei kein Sozialarbeiter, wie das manche meinen, er vertritt den Herrn am Altar, er soll die Botschaft Christi ohne Abstriche verkünden, und vor allem ohne Angst vor den bösen Mächten dieser Welt, die Christus und seiner Kirche seit jeher übel wollen. Das einzige was an diesem Freudentag der Weihe von vier neuen Priestern etwas traurig stimmt, ist die Tatsache, daß die Diözese von München und Freising gerade in diesen schweren Zeiten nur vier Geistliche in den Weinberg des Herrn schicken kann. Aber woher sollten sie in einer weitgehend gottfernen deutschen Gesellschaft auch kommen? Daß es sie noch gibt, ist Zeichen genug, daß die Pforten der Hölle die Kirche nicht überwältigen werden - et portae inferi non praevalebunt adversus eam.
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