Freitag, 30. März 2012

Die Nationalkirchlichen des 21. Jahrhunderts


Was ist katholisch? Vor dieser Antwort druecken sich gerade unsere Theologen wortreich. Sie bevorzugen das Etikett "christlich" in der Meinung, damit wuerde man die "Verengung" auf die katholische Amtskirche vermeiden und alle, die sich irgendwie der "Sache Jesu" verbunden fuehlen, in einer grossen Wohlfuehlgemeinschaft vereinen. Der Ernst der "Sache Jesu" geht darueber freilich floeten. Dem alten Luther war dieser Ernst so ernst, dass ihn die Angst vor der Verdammnis so sehr herumtrieb, dass er dafuer selbst den Bruch mit der Kirche und damit letzlich die ewige Verdammnis riskierte. Heute meint mancher seiner angeblichen Nachfolger eher dadurch verdammt zu werden, wenn er den Regenwald nicht pflegt oder die gerade aktuellen Parolen des real existierenden Feminismus und Egalitarismus nicht mit der Bibel rechtfertigt, ohne Ruecksicht darauf, ob die Bibel das auch hergibt. Die Angst vor der Verdammnis durch den Zeitgeist hat laengst die Angst vor der Verdammnis verdraengt.

Diese Angst vor der aktuellen, sehr diesseitigen Hoelle treibt auch jene um, die zur Zeit zum "Ungehorsam" gegen ihre Kirche blasen, die Kohorten des Herrn Schueller aus dem schoenen Oesterreich. Man fragt sich, welche Art von Katechismus-Unterricht dieser und seine lauten Anhaenger einst genossen haben? Schueller ist nicht mehr der Juengste, auch wenn er sehr viel juenger aussieht. Daher sollte er, als er sich dafuer entschied, Priester zu werden, noch gewusst haben, was ein katholischer Priester ist, wie er der Kirche zu dienen hat, dass er das heilige Messopfer am Altar darzubringen hat, fuer das Heil der Seelen, dass dieses Heil wichtiger ist als das doch sehr kurz bemessene Wohlergehen im Diesseits, etc., etc. Er kennt die katholische Lehre, er muss sie kennen, es sei denn, sein damaliges Priesterseminar war schon damals komplett von der aktuellen Zeitgeistangst heimgesucht.

Fuer ihn gilt aber auf einmal, machet euch nicht dieser Welt untertan, wie der Heilige Paulus seligen Angedenkens meinte, sondern macht euch nur ja nicht Rom oder noch weniger dem untertan, was da vielleicht kommen koennte, wenn uns der Herr aus dieser besten aller Welten abberuft. Frueher haben die Leute noch ein Paar Schuhe durchgelaufen, wenn es um einen Primizsegen ging. Heute wuerden das die "Ungehorsamen" als Aberglauben abtun, und bestehen laut darauf, dass jeder eine Kirche und einen Gottesdienst am Ort habe! Welche Art von Gottesdienst ist egal! Is doch eh ois aans! Daher wollen die "Ungehorsamen" auch nicht verstehen, warum der Bischof von Passau, Wilhelm Schraml, Wortgottesdienste nicht als Ersatz anerkennen will. Er kann nicht anders! Er besitzt im Unterschied zu seinen Kritikern, die ihn dafuer als herzlos beschimpfen, noch die Gabe der Unterscheidung.

Allein diese Unfaehigkeit zur Differenzierung sollte hinreichen, um die "Ungehorsamen" als haeretisch zu qualifizieren. Wer nicht mehr in der Lage ist, eine gueltige Messe von einer Andacht, einem religioes angestrichenen Ringelpiez mit Anfassen zu unterschieden, der vergisst, wenn er es nicht bewusst missachtet, das zentrale Unterscheidende des Katholischen - die heilsnotwendige Praesenz des Herren unter den Gestalten von Brot und Wein. Der Bischof von Graz, Egon Kapellari, hat es, Gott sei's gedankt, daher auch endlich gewagt, die Aufstaendischen als das zu bezeichnen, was sie sind - Abtruennige, die ihren privaten Heilslehren anhaengen.

Die These, grosse Teile der deutschen und der oesterreichischen katholischen Kirche seien auf dem direkten Wege zu einer von Rom unabhaengigen Nationalkirche, hat leider vor allem mit dieser Sehnsucht zu tun, nicht anders zu sein als die anderen. Wenn sie denn intellektuellen Tiefgang haette! Wenn sie nur im Ansatz jenen Nationalkirchlichen des 19. Jahrhunderts wie Renan oder Loisy aehneln wuerde, die mit akademischem Anspruch ihre modernistischen Tiraden ritten! Nichts davon! Heute kocht alles darauf herunter: Spiel nicht mit den katholischen Schmuddelkindern, die sich immer noch auf die Heilige Schrift, die Tradition und den alten Schmaeh berufen, um Frauen, Geschiedene und andere zu diskriminieren! Auf, lasset uns um das goldene Kalb der Tagesmeinung, der zeitgeistigen Wohlfuehlreligion tanzen!

Luthers Reformation wird heute gerne so gedeutet, als waere der Augustinermoench schon damals von dieser fatalen Tendenz zum Bruch mit Rom verleitet worden, Luther als Vordenker der heutigen Couch-potato-Christen. Nichts davon! Luther plagte nicht die Angst vor den kirchenkritischen Geisslers, Kuengs und diversen "Anchor men and women" der deutschen und oesterreichischen Fernsehanstalten. Er hatte noch Angst vor dem ewigen Gericht, davor, nicht gottgefaellig zu leben. Das Zeitgeistgefaellige der Schueller und Co. kann und wird nie die Zukunft der Kirche sein.

Dienstag, 27. März 2012

Matussek und die Mandarine


Nach langer Zeit des Schweigens ist es hoechste Zeit, einmal wieder die Stimme zu erheben. Es gibt ja eine Klasse von Zeitgenossen, die vollmundig von den einfachen Christen, den einfachen Buergern schwadroniert, von denen, die besser als die "da oben" wuessten, was recht und richtig sei. Das gilt in der Politik genauso wie in Kirchendingen. Die Funktionaere der "Kirche-von-unten"-Bewegung wie die Revoluzzer der antikatholischen, antikirchlichen oesterreichischen "Pfarrer-Initiative" folgen genauso dieser Strategie wie ein Heiner Geissler oder ein Hans Kueng.

An der vielbeschworenen Basis sei man, so wiederholen sie unentwegt, sehr viel weiter als in Rom. Was dieses ominoese "viel weiter" bedeutet, und woran es sich misst, davon schweigen sie wortreich. Wenn es aber diese Basis wagt, eine eigene Meinung zu haben, will heissen, wenn diese Basis einmal nicht ihren Verfuehrern folgt, sind diese masslos enttaeuscht ob dieser Rueckstaendigkeit. Erst kuerzlich klagte ein in die Jahre gekommener Pfarrer der Konzils-Aufbruchs-Generation in der Sueddeutschen Zeitung, die Kirche sei nach wie vor ungemein reformbeduerftig. Es sei ungeheuer viel zu tun, und man sei ja doch schon sehr weit gekommen. Aber, so der Herr Pfarrer, koenne dieser berechtigte Widerstand versacken, weil, ja weil die juengere Generation eher wieder "romhoerig" sei.

Ach ja, wir erinnern uns, im kalten Krieg teilte man die Welt in Moskauhoerige und Washingtonhoerige ein - das Reich des Boesen gegen das Reich des Lichtes. Das Reich des Lichts, der Weltweisheit und der Aufgeschlossenheit ist im Lager der Kirchenvolksbewegten, der ewigen Reformer, das Reich des Boesen...in Rom. Wer als "romhoerig" qualifiziert wird, kann nur ein Dunkelmann sein. Diese Dunkelmaenner zeichnen sich durch etwas unerhoert Skandaloeses aus: Sie glauben! Sie glauben an das, was die Kirche aller Zeiten seit allen Zeiten verkuendet! Sie haben keine Lust, sich dieser Zeit gleichfoermig zu machen, wovor schon der Heiligen Paulus warnte. Aber was ist der Apostelfuerst schon gegen einen Kueng oder Geissler, die unablaessig davor warnen, die Kirche gerate ins Ghetto, ins gesellschaftliche Abseits, wenn sie weiter an ihren verstaubten Dogmen, an ihrem Kinderglauben haengt.

Der Spiegel-Publizist Matthias Matussek musste sich diesen typisch deutschen Cheftheologen-Mandarin-Duenkel vor kurzem waehrend einer Diskussion ebenfalls gefallen lassen. "Er glaube ja viel, wisse aber sehr wenig", meinte die KNA darauf, weil er, so der Vorwurf, Rom verteidigt hatte! Das ist die klassische post-reformatorische, deutsche Arroganz - am deutschen Wesen/Wissen soll die Kirche genesen! Jene Arroganz, die den Glaeubigen nicht den Glauben vermittelt, sie nicht wirklich weiser und wissender macht, sondern ihnen mit taeglich wechselnden Modetorheiten den Kopf verdreht.

Der Kommentar von Matthias Matussek sei zur Lektuere waermstens empfohlen:

http://www.kath.net/detail.php?id=35840