Donnerstag, 3. März 2011

Guttenberg und kein Ende


Man sollte von Politikern ja niemals erwarten, daß sie Heilige wären, daß sie sich auch nur bemühen würden, nach den hohen Prinzipien, die sie stets vor sich hertragen, auch zu leben. Die Linke schwadroniert von Solidarität, Enteignung der Besitzenden, schürt nach Kräften den Sozialneid. Doch kein Gysi oder Ernst geht in Sack und Asche. Für Sozialdemokraten besteht Gerechtigkeit in der permanenten Umverteilung von oben nach unten, der Geldverschwendung mit gutem Gewissen. Und die Christdemokraten führen zwar das Christliche noch im Parteinamen, wollen sich darauf aber nicht mehr wirklich festnageln lassen. Soviel zum Thema Ehre, Anstand und Prinzipientreue in der deutschen Politik.

Nicht nur deshalb klingt die Tugenboldigkeit, die gerade Politiker wie Trittin und Konsorten im Falle Guttenberg auf einmal angefallen hat, so doppelbödig, ja verlogen. Kein Fischer, kein Schröder, kein Trittin ist je auf sein Verhältnis zur Staatsgewalt, seine laxe Moral, seine Relativierung der russischen Demokratiedefizite oder die Verherrlichung der RAF derart hart herangenommen worden wie der fränkische Baron. Das sind alles verzeihliche Fehler, weil sie mit gutem, linkem Gewissen geschahen.

Und da geschieht nun das Unglaubliche: ein gutaussehender junger Politiker, der nicht jeden Satz vom Blatt ablesen muß, der nicht mit scheußlichen Krawatten herumläuft, dem die Anzüge sitzen, und der obendrein noch gute Politik macht, und sich nicht für jeden Satz bei den linken Moralaposteln in der Politik und den Medien entschuldigt, ist beim Volk populär. Und das auch noch, obwohl er Adeliger ist. Die Opposition, die nun alles tut, um ihn abzuschießen, und die sonst dem Volk stets nach dem Maul redet, aber das Gegenteil tut, übt sich in Volksverachtung. Das Volk wüßte es nicht besser, es sehne sich nach einem Idol, das aber ein Luftikus im Maßanzug sei. Sein konservatives Weltbild, das er vor sich hertrage, sei leer.

Das sagen ausgerechnet die, die Tugenden als sekundär verdammen. Die die Soldaten in Afghanistan links liegen lassen, obwohl die mit Leib und Leben sich für die Sicherheit unserer Gesellschaft einsetzen. Nur deshalb heulte die Medien- und Politikermeute auf, als Guttenberg, diesmal mit Frau, zum wiederholten Male nach Afghanistan aufbrach. Das dumme Geschwätz von Instrumentalisierung sollte nur verdecken, daß es manchem einfach zuwider war, daß um die Soldaten im Einsatz soviel Wirbel gemacht wird. Der Einsatz an sich ist ihnen zuwider, also soll man gefälligst auch so wenig wie möglich darüber reden.

Die Plagiatsgeschichte ist diesen selbstgerechten Herren und Damen vollkommen egal. Ihr Neidkomplex hätte sein Genügen bereits an der ärgerlichen Popularität dieses dünkelhaften Jungschnösels gehabt. Daß Guttenberg ihnen den Gefallen tat, ihnen mit seiner abgekupferten Doktorarbeit den Vorwand zu liefern, ihr kleinliches Mütchen zu kühlen - das ist ihm wahrlich vorzuwerfen. Der Vorwurf fällt aber auf eine Politikerkaste zurück, die sich selbstzufrieden, fett und moralinsauer zum Richter aufwirft, obwohl ihnen das am schlechtesten zu Gesichte steht. Wer an kein jüngstes Gericht, geschweige denn an Sünden glaubt, aber den Tugend-Weltenrichter im hier und jetzt spielt, macht sich lächerlich.

Der Fall Guttenberg hat gezeigt, daß die Demokratie nicht überleben kann, wenn sie nur verwaltet wird. Sie muß auch Identifikationsfiguren haben, Politiker, die diese glanzlose Republik im wahrsten Sinne des Wortes repräsentieren können. Die Politbürokratie grauer Parteimäuse verliert für jedermann sichtbar an Zuspruch. Der überwältigende Zuspruch für Guttenberg ist der sichtbare Protest, der unseren Volksvertretern zu denken geben sollte. Und er bleibt überwältigend populär trotz des Dissertationsproblems, weil die Mehrheit merkt, daß dieses Problem nur vorgeschoben ist. Die Zwerge wußten sich nicht mehr anders zu helfen, um den Riesen zu stürzen.

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